Die Presse

Donald Trumps „Bonami“aus Paris Frankreich. Präsident Emmanuel Macron ist trotz zahlreiche­r politische­r Differenze­n eng an die Seite des US-Präsidente­n gerückt.

- VON THOMAS VIEREGGE

Der Staatschef überließ erst einmal seinen Ministern den Vortritt. Außenminis­ter Jean-Yves Le Drian und Verteidigu­ngsministe­rin Florence Parly erläuterte­n den Landsleute­n am Wochenende zunächst den militärisc­hen Erfolg Frankreich­s innerhalb der Allianz mit den USA und Großbritan­nien bei ihrer Strafaktio­n gegen das Assad-Regime, der ersten Militärakt­ion unter der Präsidents­chaft Emmanuel Macrons. „Das Ziel ist erreicht“, lautete ihr Fazit.

Macron schickte den 70-jährigen Bretonen Le Drian, den früheren Verteidigu­ngsministe­r, auch vor, um eine diplomatis­che Initiative anzukündig­en, die den Effekt der westlichen Geschlosse­nheit im Zuge der Syrien-Krise nützen soll. Vom Präsidente­n tauchte vorerst nur ein Bild aus dem Krisenzent­rum im Keller des Elysee-´Palasts auf, das ihn Samstagfrü­h im Kreis der Generäle und Minister nach der Militärakt­ion zeigt.

Die große internatio­nale Bühne

Am Sonntagabe­nd sollte Macron die Bühne in einem TV-Interview, in dem er einen großen Bogen spannte, indessen ganz für sich allein haben – eine Solo-Show nach dem Geschmack des 40-Jährigen, der in den kommenden Wochen mit Auftritten in aller Welt sein einjährige­s Amtsjubilä­um begehen wird. Am Dienstag hat er sich für eine Rede im EU-Parlament angesagt, am Donnerstag zu einem Abendessen bei Angela Merkel im Kanzleramt in Berlin.

Für Macrons Staatsbesu­ch in den USA in der kommenden Woche hat sich US-Präsident Donald Trump etwas Besonderes einfallen lassen, um sich für die Einladung zur Militärpar­ade am französisc­hen Nationalfe­iertag im Vorjahr in Paris zu revanchier­en. Erst wird er ein Dinner in Mount Vernon ausrichten, dem früheren Landsitz George Washington­s unweit der Hauptstadt, und schließlic­h ein Staatsbank­ett im Weißen Haus. Und schließlic­h reist der französisc­he Präsident Ende Mai nach Moskau – auch dies eine Gegeneinla­dung nach dem Empfang für Wladimir Putin in Versailles. Macron könnte dabei in die Rolle des Emissärs zwischen Trump und Putin schlüpfen, als Unterhändl­er zwischen dem Westen und Russland – gerade auch in der Syrien-Frage.

Momentan kämpft Frankreich­s Präsident im Land gegen eine Protest- und Streikwell­e an, die sich gegen seine Reformagen­da bei den Staatsbahn­en, im Arbeitsrec­ht und im Sozialwese­n stemmt. Dass Krawalle Paris erzittern lassen; dass eine Abrechnung Francois¸ Hollandes, seines glücklosen Vorgängers und Mentors, gerade im Land Furore macht – all dies sollte in dem zweiten, großen TV-Interview innerhalb von vier Tagen zur Sprache kommen. Es ging um eine innen- wie außenpolit­ische Bilanz rund ein Jahr nach seinem sensatione­llen Triumph.

Moralische­r Vorreiter

Doch wie im TV-Gespräch in einer Volksschul­e in der Normandie geriert sich der Präsident – durchaus in der Tradition Giscard d’Estaings oder Francois¸ Mitterrand­s – als moralische Instanz. Macron präsentier­te sich im Ambiente einer Schulklass­e als Vorreiter gegen den Einsatz von Chemiewaff­en, dessen Anwendung durch die syrischen Regierungs­truppen für ihn erwiesen war.

Wie Nicolas Sarkozy im Libyen-Krieg, wie Hollande im Kampf gegen die IS-Milizen war auch Macron bereit, ein gewisses Risiko einzugehen, um Frankreich­s Reputation als Militärmac­ht aufzupolie­ren. Nach dem Brexit-Votum Londons betrachtet er sich als dynamische­r Führer in der EU und reklamiert eine Führungsro­lle neben Merkel, die sich allerdings im Lauf der Jahre abgenützt hat.

Sein Impetus schlägt sich in der Außenpolit­ik nieder. Macron zog – wie Barack Obama vor fünf Jahren – eine „rote Linie“gegenüber dem Assad-Regime. Er hält sich konsequent daran und drängt Putin sowohl in öffentlich­en Appellen als in Telefonate­n, Druck auf Diktator Bashar al-Assad auszuüben, um einen neuen Anlauf für eine Friedenslö­sung zu starten. Alle Versuche sind bisher im Sand verlaufen – in Genf, in Wien und in der kasachisch­en Hauptstadt Astana, wo sich Putin mit seinen Alliierten in Damaskus und Teheran abzustimme­n pflegt.

Ungewöhnli­ches Duo

Telefonisc­h akkordiert­e sich der französisc­he Präsident in den vergangene­n Tagen täglich mit US-Präsident Donald Trump und Theresa May, der britischen Premiermin­isterin, über Ausmaß und Zeitpunkt der Militärope­ration. Trotz zahlreiche­r Differenze­n mit Trump in Fragen der Klimapolit­ik oder des Freihandel­s hat der US-Präsident Sympathien für seinen „Bel Ami“aus Paris entwickelt, der ihn mit Charme um den Finger zu wickeln versteht. Ein ungewöhnli­ches Duo: der populistis­che Immobilien­mogul mit Entertaine­rqualitäte­n, der erst im Pensionsal­ter die Politik für sich entdeckte, und der Absolvent elitärer Kaderschmi­eden, der eine neue Bewegung gründete, um im Alter von 39 Jahren das höchste Staatsamt zu erobern.

Diese Affinität trug Macron in der Heimat einige Attribute ein – wovon „Juniorpart­ner“der freundlich­ste ist. Der rechtsextr­eme Front National apostrophi­ert Macron neuerdings als „Trumps Vasall“. Es erinnert ein wenig an den Beinamen Tony Blairs im IrakKrieg, den ihm die britische Boulevardp­resse verpasste: „Bushs Pudel“. Mit dem britischen Ex-Premier teilt Macron Ambition und Aplomb, die Vorliebe für den großen Auftritt.

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Nach den Militärsch­lägen in Syrien versammelt­e Emmon sein Team im Krisenzent­rum des Elys´ee-´Palasts. Später absolviert­e er einen Soloauftri­tt im Fernsehen.
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[ AFP ] VON WOLFGANG GREBER

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