Wer die AUVA reformieren will, sollte einen Plan dafür haben
Derzeit subventioniert die Unfallversicherung die Krankenkassen. Passiert das nicht mehr, könnte eine Freizeit-Unfallversicherung notwendig sein.
Wenn
eine Institution sich verändern soll, sind Widerstände nicht weit. Dann treten recht rasch die Besitzstandswahrer auf, die ganz genau erklären können, warum Veränderungen so völlig unmöglich sind und welche negativen Folgen sie nach sich ziehen würden. Geht es um den Gesundheitsbereich, dann wird auch schnell einmal mit dem Leichentuch gewachelt. Insofern sind die kritischen Kommentare zu einer möglichen Reform oder Auflösung der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) wenig verwunderlich. Da melden sich Interessenvertreter zu Wort, die viel zu verlieren haben.
Was aber schon verwundert, ist die Planlosigkeit, mit der die türkis-blaue Regierung hier zu Werke geht. Bis heute ist nicht klar, welche Ziele eigentlich verfolgt werden. Geht es um reine Einsparungen? Um eine Verbesserung (oder Verschlechterung) der Unfallversorgung? Um einen größeren Einfluss der Regierung auf die wichtigen Player im Gesundheitswesen?
Die Vorgangsweise der zuständigen Ministerin, Beate Hartinger-Klein, und ihrer Regierungskollegen wirkt jedenfalls einigermaßen chaotisch: Da werden der AUVA Einsparungsziele verordnet, die sie in ihrem eigenen Bereich gar nicht erfüllen kann, sondern nur, wenn die Politik Rahmenbedingungen ändert. Dafür bekommt sie eine Frist bis Jahresende, anderenfalls wird sie aufgelöst. Doch noch ehe die Frist richtig angelaufen ist, verkündet die Ministerin schon die Auflösung. Und der Vizekanzler garantiert, dass die Unfallspitäler – und damit ein großer Teil der Kosten – bestehen bleiben, ohne dazuzusagen, wer sie übernehmen wird.
Warum ist eine Reform der Unfallversorgung überhaupt notwendig? Die Pläne der Regierung haben tatsächlich einen soliden Hintergrund, der in den historisch gewachsenen Strukturen zu finden ist: Die AUVA wurde für Arbeitsunfälle gegründet und wird rein über Arbeitgeberbeiträge finanziert. Doch in den vergangenen 30 Jahren haben sich die Arbeitsunfälle halbiert, während die Beiträge nicht an den geringeren Aufwand angepasst wurden. Dafür bekam die AUVA Aufträge übertragen, die mit ihrer eigentlichen Aufgabe nichts zu tun haben. In erster Linie geht es da um die Behandlung von Opfern von Freizeitunfällen, für die die AUVA von den Krankenkassen einen viel zu geringen Kostenersatz bekommt. Im Gegenzug muss sie viel zu viel für die Behandlung von Arbeitsunfallopfern in fremden Krankenhäusern bezahlen.
Bevor Türkis-Blau jetzt mit den Fingern auf die Sozialdemokraten zeigt: Für diese Querfinanzierung war man auch selbst verantwortlich. So hat die schwarz-blaue Regierung im Jahr 2006 beschlossen, dass die AUVA nicht nur für die Entgeltfortzahlung bei Unfällen zuständig ist, sondern auch bei normalen Krankenständen mitzahlen muss. Und das hat nun wirklich nichts mit den Aufgaben einer Unfallversicherung zu tun. R aum für Reformen gibt es da genug. Natürlich wird man nicht alle Unfallspitäler schließen können, die Unfälle verschwinden ja nicht plötzlich. Aber: Die komplexen Finanzierungsströme im Gesundheitswesen sind der Nährboden für Ineffizienzen. Eine einfachere Struktur bei den Sozialversicherungsträgern – wie von der Regierung geplant – wäre da schon einmal ein großer Fortschritt. So erscheinen unterschiedliche Strukturen für Arbeits- und Freizeitunfälle wenig sinnvoll. Was allerdings schon notwendig erscheint: Die Kompetenz der AUVA zum Thema Unfall – von der Prävention bis zur Rehabilitation – muss auch in einer neuen Struktur erhalten bleiben. Würde etwa bei der Prävention gespart, wären negative Effekte vorhersehbar.
Bleibt das Thema der Kosten: Die Regierung will die Arbeitgeberbeiträge um 500 Millionen Euro senken. Das hat einen berechtigten Hintergrund, weil warum sollen Arbeitgeber für Freizeitunfälle aufkommen müssen? Aber man muss auch dazusagen, dass diese Kosten ja bestehen bleiben, nur ein geringer Teil lässt sich über eine Vereinfachung der Verwaltung einsparen. Und auch die Krankenkassen werden das nicht einfach schultern können. Eine Einsparung bei der AUVA führt also zu höheren Krankenkassenbeiträgen oder zu einer Freizeit-Unfallversicherung für alle. Das sollte die Regierung auch offen sagen.