Mitten im Tal der Tränen geben die Kryptomärkte ein kräftiges Lebenszeichen von sich. Ein möglicher Grund: Die Firmen von George Soros und der Rockefeller-Familie steigen ein. Die alten Männer des Geldes wollen mitmischen.
Krypto.
Zum Thema Bitcoin erreichen uns in der Redaktion der „Presse“eigentlich nur zwei Arten von Zuschriften: „Schreibt mehr, wir wollen alles über dieses neuartige Zeug wissen!“Und: „Lasst uns endlich in Ruhe mit diesem energiefressenden Monopoly-Geld für Idioten!“Die Skepsis ist verständlich. Jeder Text zum Thema sollte mit Warnhinweis kommen: Eine solide Vermögensanlage ist Bitcoin nicht! Fantastische Renditen gibt es nur wegen des gewaltigen Risikos. Und das schlägt gern zu: Wer vor wenigen Monaten 15.000 Euro für ein Bitcoin ausgegeben hat, sieht nach dem jüngsten Crash ziemlich blöd aus der Wäsche. Einfach ignorieren können wir das Thema trotzdem nicht. Immerhin ist Bitcoin inzwischen ein Massenphänomen. Ärger noch: Jetzt tauchen plötzlich Soros und Rockefeller auf. Die alten Männer des Geldes.
Kein Scherz. George Soros mag politisch höchst umstritten sein. Aber wenn es um Geld geht, hat ein Mann, der einmal die Bank of England in die Knie gezwungen hat, schon einiges zu melden. Seine Calls zu Gold etwa haben sich oft als sehr korrekt herausgestellt. Und in Europa hat Soros schon vor den Gefahren einer Deflation gewarnt, als in der EZB davon noch keine Rede war.
Der gebürtige Ungar gehört mit einem geschätzten Privatvermögen von rund acht Milliarden Dollar zu den 200 reichsten Menschen der Welt. Die von ihm gegründete Firma Soros Fund Management verwaltet die schlanke Summe von 25 Mrd. Dollar.
Und ebendiese Firma hat jüngst grünes Licht erhalten, sich in den Kryptomarkt vorzuwagen. Das berichtete Bloomberg. Genau genommen soll die Freigabe für den Fondsmanager Adam Fisher schon vor Monaten gekommen sein. Aber bis April habe es noch keine Investments gegeben. Aktuelle Statements zum Stand der Investments wollte Soros’ Firma zwar keine abgeben. Das Timing des Artikels war, wie so oft bei Soros, ziemlich gut. Der 87-jährige Investor selbst hatte Bitcoin noch im Jänner eine Bubble genannt. Da war der Preis von einem Kurzzeithoch von fast 20.000 Dollar schon auf rund 12.000 gefallen. Er sollte sich nach Soros’ Kommentar nochmal fast halbieren.
Hatte Soros mit seiner Einschätzung recht? Ja, natürlich. Wie wir bereits in einer Jänner-Kolumne geschrieben haben, hat Bitcoin zum sechsten Mal in seiner noch sehr kurzen Geschichte alle Phasen einer typischen Bubble durchgemacht: vom Abheben über den ersten Crash hin zu Medienberichten, Enthusiasmus, Gier und Verblendung. Dann folgte der Kollaps. Von Mitte Dezember bis Anfang Februar rasselte der Preis um atemberaubende 70 Prozent nach unten. Tiefststand am 6. Februar: 5890 Dollar. Es folgte eine Phase der Erholung. Die Bull Trap – eine Falle für allzu enthusiastische Anleger – dauerte bis Anfang März. Dann wurde der Abverkauf fortgesetzt. Am 6. April, als Bloomberg von Soros’ möglichem Einstieg in die Kryptomärkte berichtete, landete Bitcoin auf einem neuen Boden, bei etwa 6500 Dollar.
Und jetzt? In der vergangenen Woche haben die Kryptomärkte, angeführt von Bitcoin, das bisher stärkste Lebenszeichen seit dem Crash von sich gegeben. Nach dem Soros-Artikel sind die Bitcoin-Preise um satte 25 Prozent gestiegen. Wie gesagt: George Soros ist bekannt für sein Timing. Er weiß, dass seine Worte die Märkte bewegen können. Und verglichen mit Währungen oder Anleihen sind die Kryptomärkte ein Baby. Rund 330 Mrd. steckten Ende vergangener Woche in Bitcoin und den 1600 anderen Kryptoassets, die seit einiger Zeit wie Schwammerln aus dem Boden schießen. Zum Vergleich: Die Marktkapitalisierung der Firma Apple allein liegt bei mehr als 880 Mrd. Dollar. Nun kann man sagen: Apple produziert etwas, Bitcoin nicht. Und das stimmt. Aber George Soros ist nicht der einzige Investor alten Stils, der sich jetzt auf das glatte Parkett der Kryptowährungen wagt.
Ebenfalls am 6. April berichtet „Fortune“vom Einstieg des Investors Venrock in den Kryptowährungsmarkt. Das ist freilich nur spannend, wenn man weiß, wofür das „rock“in Venrock steht: für Rockefeller nämlich. Venrock ist der Venture-Capital-Arm der be- rühmten Dynastie, gegründet 1969 von John D. Rockefeller. Die Firma war schon bei Intel früh dabei. Und bei Apple. Keine schlechte Ausbeute.
Jetzt also Krypto. VenrockPartner David Pakman berichtete bei „Fortune“höchstselbst vom Einstieg bei CoinFund, einer Krypto-Investmentfirma aus Brooklyn. „Wir wollten Partner dieses Teams werden“, sagte Pakman. CoinFund habe bereits eigene Investments im Kryptobereich gemacht und auch anderen Projekten beim Einstieg in den Kryptomarkt geholfen. So wurde etwa die Chatapp Kik von CoinFund bei ihrem ICO unterstützt. Ironischerweise sind diese „digitalen Börsengänge“eine direkte Konkurrenz für klassische Venture-Capital-Firmen.
Aber Pakman denkt schon weiter. Er sieht in der Blockchain-Technologie, deren erste Anwendung Bitcoin ist, die Zukunft. Bei Bitcoin schaltet die Blockchain Banken und Zentralbanken als Mittelsmänner aus. Es gibt keine Gatekeeper, keine Barrieren. Das wird sich auf andere Branchen übertragen, so Pakman – auch auf die eigene Industrie.
„Gatekeeper verlangen Geld von den Nutzern, Miete oder Maut. Der Vorteil von Krypto ist, dass wir immer weniger Gatekeeper brauchen. Venture Capital selbst ist im Grunde aber auch eine Gatekeeper-Industrie. Ich würde das gern auflösen. Ich glaube nicht, dass eine kleine Gruppe von Menschen die Entscheidung darüber treffen sollte, welche Projekte Geld aufstellen und loslegen können“, so Pakman.
Diesen letzten Satz würden wahrscheinlich alle Bitcoin- und Blockchain-Enthusiasten unterschreiben, entspricht er doch genau der Idee hinter Bitcoin und vielen anderen Krypto-Projekten. Wir haben freilich keine Ahnung, ob der Einstieg von Soros und Rockefeller in den Sektor wirklich den Boden für die Bitcoin-Preise markiert.
Aber wenn die alten Männer des Geldes sich auf dieses glatte Parkett begeben – wissend, dass ihre angestammte Machtposition in Gefahr ist –, dann haben wir gerade ein neues Kapitel der KryptoSaga aufgeschlagen.