Wie US-Sanktionen gegen Russland auch in Österreich wirken
Heikle Beziehungen. Geschäftsbeziehungen mit Personen und Firmen, die auf der USSanktionsliste stehen, erfordern Vorsicht.
Wie medial umfassend berichtet, hat die US-Sanktionsbehörde (Office of Foreign Assets Control, OFAC) am 6. April insgesamt 38 russische Oligarchen, Regierungsvertreter und diesen zuzurechnende Unternehmen auf die US-Sanktionsliste gesetzt.
Aus sanktionslegistischer Sicht stellen diese US-Sanktionen zwar keine signifikanten Neuerungen dar – im Wesentlichen wurden nur zusätzliche Personen und Unternehmen auf eine US-Sanktionsliste gesetzt, die schon seit der KrimKrise besteht, und ihre Vermögenswerte eingefroren. Das für große Verunsicherung sorgende Element dieser jüngsten Sanktionsmaßnahmen liegt allerdings in der Auswahl der sanktionierten Personen/Unternehmen (russische Unternehmen und Industrieunternehmen mit umfassenden westlichen Beteiligungen) und in dem sehr weit und schwer eingrenzbar formulierten Umfang der Verbote, die wirtschaftlich auch Nicht-US-Personen betreffen können.
So zeigt diese jüngste Sanktions-Welle auch die Unberechenbarkeit der US-Sanktionsbehörden: Schon im Jänner 2018 hat das amerikanische Finanzministerium eine sogenannte „Kreml-Liste“mit zahlreichen Personen mit Nahebeziehungen zur russischen Regierung, noch ohne konkrete Sanktionierung, veröffentlicht. Die Tatsache, dass (ohne Begründung zur Auswahl) nur ein kleiner Teil der auf der Kreml-Liste genannten Personen effektiv sanktioniert wurde, lässt zumindest auf die Möglichkeit von Sanktionsmaßnahmen gegen weitere Personen schließen.
Der Umfang und die Auswirkungen sowie der Umgang mit diesen jüngsten Russland-Sanktionen wirft zahlreiche Fragen auf. Hier die wichtigsten davon, die schon jetzt beantwortet werden können.
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Die sanktionierten Personen umfassen neben einigen Regierungsvertretern die Eigentümer, Vorstands- und Aufsichtsratsvorsitzenden von bedeutenden russischen Unternehmen und zusätzlich mehr als zehn im Eigentum dieser Personen stehende Unternehmen (mit zum Teil signifikanten Unternehmensbeteiligungen auf der ganzen Welt). Außerdem gelten alle Unternehmen als sanktioniert, an denen eine gelistete Person/Unternehmen zu mindestens 50 % beteiligt ist – alle Mehrheitsbeteiligungen gelten also ebenfalls als sanktionsverfangen. Zu beachten ist, dass (anders als bei vielen Sanktionsprogrammen) Unternehmen, die – bloß – von sanktionierten Personen kontrolliert werden (ohne dass diese zumindest 50 % der Anteile hielten), aber nicht als sanktioniert gelten. OFAC rät in seinen Mitteilungen dennoch zur Vorsicht bei Geschäftsbeziehungen mit solchen Unternehmungen, da für diese ein erhöhtes Risiko der zukünftigen Aufnahme in ein Sanktionsprogramm angenommen wird.
2
US-Personen dürfen weder direkt noch indirekt Geschäftsbeziehungen mit den neu sanktionierten Personen/Unternehmen unterhalten und müssen deren Vermögenswerte einfrieren. Ebenso ist es US-Personen verboten, solche Geschäftsbeziehungen zu unterstützen – ein sehr weiter Begriff, der auch Entscheidungen von US-Personen in Führungspositionen bei Nicht-US-Unternehmen umfassen kann. Um den rechtskonformen Ausstieg aus sanktionierten Geschäftsbeziehungen zu ermöglichen, hat die US-Behörde zwei Generalgenehmigungen (General Licenses) zur umfassenden Genehmigung der dafür nötigen Aktivitäten (wie Wind Down, Divestment) veröffentlicht.
3
Wie auch die Sanktionen der USA gegen den Iran können auch die jüngsten Russland-Sanktionen extraterritoriale Wirkung entfalten: demnach ist es Nicht-US-Personen verboten, signifikante Transaktionen mit den jüngst sanktionierten Personen/Unternehmen durchzuführen. Zur (einzelfallbezogenen) Beurteilung, ob eine Transaktion als „signifikant“anzusehen ist, werden von der amerikanischen Behörde Faktoren wie Volumen, Anzahl, Häufigkeit und Art der Transaktion, der konkrete Bezug zu sanktionierten Personen und allenfalls verschleiernde Maßnahmen herangezogen. Divestment-Aktivitäten werden grundsätzlich nicht als „signifikant“angesehen.
4
Derzeit gibt es keine offizielle Stellungnahme der Europäischen Union, dass vergleichbare EU-Sanktionen gegen russische Personen/Unternehmen geplant wären. Vor allem vor dem Hintergrund, dass die USA und EU im Zuge der Krim-Annexion im Wesentlichen gleich gelagerte Russland-Sanktionen erlassen haben, ist dies freilich nicht auszuschließen; ob ein einhelliger politischer Konsens zwischen den EU-Mitgliedstaaten besteht, bleibt aber fraglich.
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IIIÖsterreichische (und andere nicht amerikanische) Unternehmen) sollten zunächst analysieren, ob sie Geschäftsbeziehungen mit betroffenen Personen/Unternehmen (oder von diesen zu mindestens 50 % gehaltenen Unternehmen) haben. Falls dies der Fall ist, sollte(n)
US-Personen in der Geschäftsführung/im Vorstand nach Möglichkeit mit diesen Angelegenheiten nicht weiter befasst werden (Ring-fencing);
analysiert werden, ob solche Geschäftsbeziehungen als „signifikant“eingestuft werden könnten und geprüft werden, ob die Vertragsdokumentation sanktionsbezogene Gewährleistungszusagen und Beendigungsrechte enthält.
Unabhängig von konkreten Geschäftsbeziehungen mit den neu sanktionierten Personen/Unternehmen sollte darauf geachtet werden, dass Verträge mit Russland-Bezug umfassende Sanktions-Garantien und sanktionsbezogene Exit-Klauseln enthalten.