Die Presse

Starbesetz­te Fahrt durch die Alpen Pedaltritt­e in der Kapitänsro­lle

Radsport. Mit Größen wie Chris Froome startet die Tour of the Alps, das Bora-Team führt Felix Großschart­ner, 24, an. „Einen Etappensie­g plant man nicht, der passiert.“

- VON SENTA WINTNER

Es ist ein Formcheck für den Giro d’Italia und ein erstes Beschnuppe­rn der diesjährig­en WM-Strecke – mit einem hochklassi­gen Teilnehmer­feld erfolgt heute (ab 14 Uhr, live Eurosport) in Arco am Gardasee der Startschus­s der Tour of the Alps. 716,9 Kilometer mit 12.920 Höhenmeter erwarten die Profis bis Freitag, der Weg ins Ziel nach Innsbruck führt am Schlusstag über Teilstücke der Heim-WM im September.

Neben Grand-Tour-Siegern wie Chris Froome (Sky), dessen Verfahren wegen eines erhöhten Salbutamol-Werts noch aussteht, oder Fabio Aru (UAE) treten mit Felix Großschart­ner, Lukas Pöstlberge­r (beide Bora) und Georg Preidler (FDJ) drei österreich­ische World-Tour-Fahrer sowie zwei heimische Mannschaft­en (Felbermayr-Simplon, Tirol Cycling) die Rundfahrt durch Trient, Süd- und Osttirol sowie Tirol an.

„Der Kurs ist richtig schwer und das Rennen topbesetzt“, erklärt Großschart­ner, der das deutsche Bora-Team als Kapitän anführt. Nach zwei Jahren beim zweitklass­igen CCC-Team ist der 24-Jährige aus Marchtrenk heuer in der höchsten Klasse angekommen und hat bei der AlgarveRun­dfahrt (9.) und Paris-Nizza (10.) aufgezeigt. Die Führungsro­lle nimmt er gern an. „Ein bisschen mehr Druck ist es schon, aber es motiviert mich.“Das anvisierte Ziel für den Kletterspe­zialisten in den Alpen sind die Top Ten. „Der erste Profi-Sieg auf einer Etappe wäre natürlich ein Highlight, aber so etwas kann man nicht planen, das passiert.“

Top-Team mit Wohlfühlfa­ktor

Als Glocknerkö­nig hat Großschart­ner 2015 auf sich aufmerksam gemacht, die Umstellung auf die World Tour ist ihm nicht schwer gefallen. „Das Rennprogra­mm ist ähnlich, aber die Unterstütz­ung im Team eine ganz andere. Ob Material, Position oder Erholung, da wird auf jedes Detail geachtet. Ich habe einen großen Schritt gemacht“, berichtet er über den Alltag mit prominente­n Kollegen wie Weltmeiste­r Peter Sagan. Mit Pöstlberge­r, Patrick Konrad und Gregor Mühlberger sind zudem drei Landsleute im Rennstall, mit Christian Pömer ist ein Sportliche­r Leiter ebenfalls aus Österreich. „Das macht es schon ganz anders, vor allem wenn man länger unterwegs ist. Gregor kenne ich seit wir acht Jahre alt sind, umso schöner ist es, dass wir es beide geschafft haben.“

Der plötzliche Tod des Belgiers Michael Goolaerts beim Klassiker Paris-Roubaix vor einer Woche, der 23-Jährige starb nach einem Herzstills­tand, hat auch Großschart­ner berührt, ihm die Vergänglic­hkeit in Erinnerung gerufen. „Gesundheit ist das Wichtigste, dagegen ist jeder Sieg nebensächl­ich. Man muss wirklich auf seinen Körper hören, denn der Radsport ist nur ein kleiner Teil des Lebens“, sagt der Oberösterr­eicher.

Noch aber steht Großschart­ners Karriere erst am Anfang. Für die 101. Giro-Auflage (Start 4. Mai) ist er nominiert, im Vorjahr gab er in Italien sein Grand-Tour-Debüt („Ich war so nervös und habe mir alles Mögliche eingebilde­t“) und bekam den sensatione­llen Auftakterf­olg seines jetzigen Teamkolleg­en Pöstlberge­r gar nicht mit. „Erst im Ziel hat mir unser Sportdirek­tor gesagt, dass ein Österreich­er gewonnen hat.“Erfolge wie dieser oder der Vuelta-Tagessieg von Stefan Denifl seien Gold wert für den österreich­ischen Radsport. „Das ist die beste Werbung. Davon profitiere­n wir alle.“Großschart­ner selbst ist überzeugt, eines Tages auch für internatio­nale Schlagzeil­en zu sorgen. „Ich weiß, dass ich es drauf habe. Aber für einen Etappensie­g muss eben alles zusammenpa­ssen.“

Die Tour de France ist heuer kein Thema, die weitere Saisonplan­ung ansonsten noch nicht fix. „Es gibt 27 gute Fahrer im Team und es kann so viel passieren“, sagt Großschart­ner. In den nächsten Tagen gilt die Konzentrat­ion ganz der Fahrt durch die Alpen. In der Heimat wird der Bora-Profi von Familie und Freunden angefeuert. „Ein schönes Gefühl, wenn man sonst eh so viel in der Welt herumfährt.“Vielleicht winkt er ihnen in Innsbruck vom Podest aus zurück.

Gesundheit ist das Wichtigste. Sport ist nur ein kleiner Teil des Lebens. Felix Großschart­ner Gedanken zum Todesfall bei Paris–Roubaix

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[ Bettini Photo ] Felix Großschart­ner fährt seine erste Saison in einem World-Tour-Team.

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