Milliardendeal in der Pharmabranche
Der japanische Konzern Takeda stockt die Offerte für Shire auf 64 Milliarden Dollar auf. Einige Aktionäre reagieren entsetzt. Die Takeda-Aktie befindet sich im Sinkflug.
Die Pharmaindustrie steuert auf eine milliardenschwere Übernahme zu. Mit einer auf 64 Milliarden Dollar aufgestockten Offerte erzielte der japanische Konzern Takeda im fünften Anlauf einen Durchbruch beim Rivalen Shire. Das irische Unternehmen teilte nun mit, es habe seinen Aktionären eine Annahme des Angebots empfohlen. Shire ist aus einem kleinen Anbieter von Kalzium-Präparaten hervorgegangen und inzwischen auf die Behandlung seltener Krankheiten spezialisiert. Mit diesem Portfolio will der französische Takeda-Chef Christophe Weber sein Unternehmen in die obersten Ränge der Pharmabranche katapultieren.
Doch einige Investoren fürchten, dass er sich übernehmen könnte. Takeda-Aktien verloren in Tokio sieben Prozent, nachdem sie seit Bekanntwerden einer möglichen Offerte bereits 18 Prozent eingebüßt hatten. Shire-Papiere kletterten in London um vier Prozent.
Mit ihren ersten vier Angeboten waren die Japaner bei Shire abgeblitzt. Sollte es dieses Mal klappen, wäre die Übernahme nicht nur die bisher größte in der Pharmabranche in diesem Jahr. Es wäre auch die größte Akquisition eines japanischen Unternehmens im Ausland. Shire stimmte unter- dessen einer Verlängerung für die eigentlich am Mittwoch auslaufende Frist der britischen Behörden zu, bis zu der eine abschließende Einigung erzielt werden muss. Nun habe Takeda noch bis zum 8. Mai Zeit für weitere Prüfungen und eine Bestätigung des Angebots. Wenn nötig, könne die Frist abermals verschoben werden.
Auch der Botox-Produzent Allergan hatte Interesse an Shire signalisiert, dann aber in der Vorwoche einen Rückzieher gemacht. Allergan-Aktionäre fürchteten Insidern zufolge, dass sich der in Dublin ansässige Konzern mit dem Kauf der ebenfalls dort beheimate- ten Firma übernehmen könnte. Auch das US-Pharmaunternehmen AbbVie stand im Jahr 2014 kurz vor dem Kauf von Shire, bevor eine Änderung der US-Steuergesetze den Deal platzen ließ.
Takeda greift für das Unternehmen, das auch Medikamente gegen Hyperaktivität herstellt, tief in die Tasche. Das jüngste Gebot liegt noch einmal gut vier Prozent über der vorigen Offerte und mehr als elf Prozent über dem ersten Angebot von Ende März. Der japanische Konzern selbst wird mit 33 Milliarden Dollar bewertet. Deshalb sehen nicht alle Investoren den Vorstoß von Konzernchef We- ber positiv. Es gibt Zweifel an Sinn und Möglichkeit, einen doppelt so großen Konzern zu übernehmen.
Finanziell dürfte der Zukauf für Takeda mit großen Belastungen einhergehen, eine üppige Kapitalerhöhung könnte notwendig sein. Analysten zufolge wurde Takeda von Anlegern bisher vor allem für seine vergleichsweise hohe Dividende geschätzt.
Shire ist auch in Österreich mit mehreren Betriebsstätten vertreten und beschäftigt 3500 Mitarbeiter an den Standorten Wien und Orth an der Donau sowie in sieben Plasmazentren. Die weltweit größte Produktionsstätte von Shire befindet sich in Österreich. Hier werden 22 Produkte hergestellt, die in über 100 Ländern vertrieben werden. Der Großteil des Produktportfolios sind lebenswichtige Präparate für Menschen mit seltenen und komplexen Erkrankungen. Daher läuft die Produktion in Österreich in Teilbereichen 24 Stunden am Tag – und das an allen 365 Tagen im Jahr. 2017 sorgte das Unternehmen für Schlagzeilen, weil in Orth und in Wien insgesamt Hunderte Arbeitsplätze abgebaut werden. Die Auswirkungen der Übernahme auf den Standort Österreich lassen sich noch nicht abschätzen. (Reuters/höll)