Wenn eine 1.-Mai-Rednerliste zum Kraftakt wird
Michael Ludwig spricht zum ersten, Michael Häupl zum letzten Mal am Tag der Arbeit vor Tausenden Genossen.
Es war eine nicht eben leichte Geburt. Die Machtverhältnisse in der Wiener SPÖ sind noch so fragil und die Wunden aus den parteiinternen Kämpfen der Vergangenheit (die manchmal bis in die Gegenwart reichen) nicht verheilt, dass selbst ein für Außenstehende scheinbar simples Unterfangen vieler Überlegungen, delikater Unterredungen und diffiziler Abwägungen im Vorfeld bedarf.
Am Donnerstagvormittag konnte die Landesorganisation unter der neuen Parteisekretärin Barbara endlich jene Liste als erledigt abhaken, die festlegt, wer am Tag der Arbeit als Abschluss und Höhepunkt des Mai-Aufmarschs auf dem Wiener Rathausplatz zu den Genossen sprechen darf. Michael die neue Nummer eins der Wiener SPÖ, ist auch die Nummer eins der Redner der traditionellen 1.-Mai-Feier. Das erscheint auf den ersten Blick nicht unplausibel für eine Parteiveranstaltung unter neuer Parteiführung. Wie und ob der Vorgänger als Redner eingebunden werden soll, musste auch beantwortet werden. Als Abschluss darf ein „einfaches Parteimitglied“zu den Tausenden sprechen, wie er sich in Verwendung eines Zitats des verstorbenen FPÖ-Chefs Jörg bezeichnet hat. Ludwigs Vorgänger als Parteichef, Bürgermeister Michael erhält hier unter den Fenstern seines Büros die Gelegenheit, zum letzten Mal eine Rede am Tag der Arbeit zu halten.
Für politische Feinspitze: Unmittelbar nach Ludwig wird ausgerechnet jene Frau sprechen, die bis zuletzt wenig unversucht gelassen hat, intern Michael Ludwig an der Spitze der Wiener SPÖ zu verhindern: Renate
seit beachtlichen 21 Jahren Chefin der Wiener SPÖ-Frauen.
Danach folgt, eine Überraschung, wieder eine Frau, die erst am Donnerstag von der Vollversammlung zur Wiener AK-Präsidentin gewählte Renate die gleichzeitig Vizechefin des Gewerkschaftsbundes ÖGB ist. ÖGB-Präsident Erich der im Sommer beim Bundeskongress sein Amt an Wolfgang übergeben will, lässt ihr also den Vortritt. Im Anschluss spricht – natürlich! – der Bundeschef der SPÖ, Christian erstmals als Altkanzler und Oppositionsführer, um das Mikrofon frei zu machen. Für Michael Häupl.