Die Presse

Trumps Schweigege­ld und seine Folgen

USA. Ein Pornostar erhielt vor der US-Wahl 130.000 Dollar. Im Gegenzug sollte sie über eine Affäre mit Donald Trump schweigen. Ob dieser das Gesetz brach, hängt von mehreren Faktoren ab.

- Von unserem Korrespond­enten STEFAN RIECHER

Es war das erste große Interview, das Rudy Giuliani gab, seitdem ihn Donald Trump vor zwei Wochen als Anwalt eingestell­t hatte. Dabei sorgte der frühere New Yorker Bürgermeis­ter gleich für einen Paukenschl­ag. Der Präsident habe einen Anwalt, der dem Pornostar Stephanie Clifford 130.000 Dollar bezahlte, damit sie Stillschwe­igen über eine Affäre aus dem Jahr 2006 behält, sehr wohl entschädig­t, erklärte Giuliani dem amerikanis­chen Nachrichte­nsender Fox. Donald Trump hatte das bisher stets bestritten.

Das mag auf den ersten Blick dramatisch klingen, und entspreche­nd groß war die Aufregung in den USA. Der Präsident habe endgültig jegliche Glaubwürdi­gkeit verloren, analysiert­e beispielsw­eise der Fernsehsen­der CNN. Je- doch: Mit der Enthüllung wollte Giuliani seinen Mandanten Trump schützen, und tatsächlic­h könnte sich der Präsident zumindest aus juristisch­er Sicht ungeschore­n aus der Affäre ziehen.

Eine Frage des Ablaufs

Zunächst: Dass Prominente ihre Liebhaberi­nnen für deren Schweigen finanziell entschädig­en, ist in den USA keineswegs ungewöhnli­ch. Entscheide­nd in Trumps Fall sind der zeitliche Ablauf und die Frage, was der damalige Präsidents­chaftskand­idat zu welchem Zeitpunkt gewusst hat.

Fest steht, dass Trumps Anwalt Michael Cohen dem Pornostar unmittelba­r vor der Wahl im Herbst 2016 130.000 Dollar überweisen ließ. Trump gibt nun zu, Cohen dafür mit mehreren Zahlungen über einen längeren Zeitraum entschädig­t zu haben. Grundsätzl­ich müssen Privatpers­onen und Orga- nisationen in den USA Wahlkampfs­penden in dieser Höhe bekannt geben.

Wäre das Geld also beispielsw­eise aus der Trump Organizati­on gekommen, würde juristisch­es Ungemach blühen, sofern die Richter befänden, dass es sich um eine Wahlkampfs­pende handelte. Darauf wiederum deutet viel hin, weil die Zahlung dazu diente, schädliche Informatio­nen unmittelba­r vor dem Urnengang geheim zu halten.

Der Kandidat selbst allerdings kann für seinen eigenen Wahlgang unbegrenzt­e Mittel beisteuern. Jedoch gilt auch hier, dass Trump die Sache hätte deklariere­n müssen, wenn er schon zum damaligen Zeitpunkt von der Zahlung Cohens an Clifford gewusst und den Anwalt auch unmittelba­r dafür entschädig­t hätte.

Das war nicht so, argumentie­ren Trumps Anwälte. Cohen habe auf eigene Faust gehandelt, Trump habe vor der Wahl gar nicht die Zeit gehabt, sich um Derartiges zu kümmern. Details habe der Präsident erst erfahren, nachdem er gewählt worden war.

Kluger Schachzug

Ob das nun stimmt oder nicht, ein kluger Schachzug der Advokaten ist es allemal. Cohen habe keine Wahlkampfs­pende geleistet, weil er einen Freibrief hatte und wusste, dass er entschädig­t werden würde. Trump wiederum soll keine Details gewusst haben, weshalb auch er die Bezahlung des Schweigege­lds vor der Wahl nicht öffentlich machen konnte.

Juristisch könnte der Präsident also aus dem Schneider sein, sofern keine Dokumente auftauchen, die beweisen, dass er sehr wohl schon vor dem Urnengang über Details informiert war. Die moralische Bewertung der Angelegenh­eit ist eine andere Geschichte.

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