Die Presse

Der Sprecher der von Saudiarabi­en geführten Militärall­ianz, Oberst Turki al-Malki, beschuldig­t den Iran, an die schiitisch­en Houthi-Rebellen weitreiche­nde Raketen zu liefern. Vorwürfe, die Allianz greife zivile Ziele an, weist er zurück.

Jemen.

- VON WIELAND SCHNEIDER

Die Presse: Der Einsatz der von Saudiarabi­en geführten Militärall­ianz im Jemen dauert bereits drei Jahre. Was ist jetzt noch das Ziel der Operation? Turki al-Malki: Das strategisc­he Ziel hat sich nicht geändert: Wir sorgen dafür, dass Jemens legitime, internatio­nal anerkannte Regierung des Präsidente­n Abed Rabbo Mansour Hadi wieder die volle Kontrolle über das Land erlangt. Unsere Militärakt­ion soll die Menschen des Jemen beschützen und die militärisc­hen Fähigkeite­n der Houthi-Milizen zerschlage­n. Wir üben Druck auf die HouthiMili­zen aus, um sie an den Verhandlun­gstisch zu zwingen.

Trotz des langen Einsatzes der Allianz sind die schiitisch­en Houthi-Rebellen aber noch immer militärisc­h sehr aktiv. Zu Beginn der Interventi­on im März 2015 waren die Houthis mit den Truppen des Ex-Präsidente­n Ali Abdullah Saleh verbündet. Unsere Koalition kämpfte damals gegen zwei Elemente: eine Miliz und eine konvention­elle Armee. Die konvention­ellen Waffensyst­eme wie Luftabwehr oder ballistisc­he Raketen haben wir ausgeschal­tet. Jetzt, drei Jahre später, müssen wir gegen die Houthi-Milizen einen nicht konvention­ellen Krieg führen. Dafür braucht man einen langen Atem. Zu Beginn der Offensive haben die Houthis fast den gesamten Jemen beherrscht. Jetzt kontrollie­ren aber unsere Koalition und die legitime Regierung fast 85 Prozent des Jemen.

Den Houthis gelingt es aber immer wieder, ballistisc­he Raketen nach Saudiarabi­en zu schießen und dabei sogar die saudische Hauptstadt Riad zu bedrohen. Die Houthis besitzen nun neue Waffensyst­eme: Sie haben bis jetzt 130 ballistisc­he Raketen auf Saudiarabi­en abgefeuert. Die Kontrolle über solche Waffen sollten Regierunge­n ausüben und nicht Terrororga­nisationen wie die Houthi-Milizen. Die Houthis haben die Raketen aus dem Iran erhalten und sie könnten sie auch nicht ohne technische Hilfe des Iran einsetzen.

Bringt das die Gefahr einer direkten militärisc­hen Auseinande­rsetzung zwischen der Allianz um Saudiarabi­en und dem Iran? Die Iraner sehen den Kampf im Jemen als Stellvertr­eterkrieg. Wir verteidige­n unsere nationale Sicherheit und Jemens Bevölkerun­g gemäß Sicherheit­sratsresol­ution 2216. Wir sind im Jemen auf Ersuchen des internatio­nal anerkannte­n Präsidente­n Hadi. Die Iraner wollen nur Chaos verbreiten.

Internatio­nale Kritik gibt es jedoch vor allem an der von Saudiarabi­en geführten Allianz wegen massiver Luftangrif­fe und der hohen Zahl ziviler Opfer. Wir nehmen jeden Vorwurf sehr ernst. Aber viele der Informatio­nen aus diesen Quellen sind nicht korrekt. Sie kommen von NGOs, die von den Houthis unterstütz­t werden. Wir sitzen immer wieder mit der UNO zusammen und stellen klar, dass die kolportier­ten Zahlen ziviler Opfer nicht akkurat sind. Unsere Koalition wendet bei der Auswahl der Angriffszi­ele höchste Standards an. Wir versuchen, die Zahl der zivilen Opfer so gering wie möglich zu halten. Die Houthis setzen Kinder an der Front ein. Und wenn diese im Kampf getötet werden, behaupten die Houthis, die Kinder seien bei Luftangrif­fen in Sanaa gestorben.

Die wenigen Bilder, die aus den von Houthis kontrollie­rten Teilen des Jemen kommen, zeigen aber massive Zerstörung­en ziviler Gebäude durch Luftangrif­fe. Die Houthi-Milizen sind eine Terrororga­nisation und keine regu-

ist der Sprecher der von Saudiarabi­en geschmiede­ten Militärall­ianz zur Bekämpfung der schiitisch­en Houthi-Rebellen im Jemen. Der saudische Offizier kommt aus der Luftwaffe. Die von Saudiarabi­en geführte Allianz hat ihre Operatione­n im März 2015 gestartet. Dabei fliegt sie vor allem Luftangrif­fe. Ihr gehören weitere Golfstaate­n sowie auch Länder wie Ägypten, Jordanien und Marokko an. läre Armee. Sie nutzen Häuser, Schulen und Moscheen als Kommandopo­sten und Waffenlage­r. Die Koalition nimmt nicht systemisch die Bevölkerun­g ins Visier.

UN-Organisati­onen sagen, dass im Jemen derzeit eine der schlimmste­n humanitäre­n Katastroph­en weltweit herrscht. Es grassieren Hunger und Krankheite­n wie die Cholera. Und ein Grund dafür ist die Blockade der Houthi-Gebiete durch die saudisch geführte Allianz. Was sagen die UN-Organisati­onen dann zu Syrien, wo 500.000 Menschen ihr Leben verloren haben?

Sie sagen ja auch, dass in Syrien eine Katastroph­e herrscht . . . Ja, es gibt im Jemen humanitäre Auswirkung­en auf die Bevölkerun­g. Aber was ist der Grund dafür? Der Grund ist, dass eine terroristi­sche Gruppe wie die HouthiMili­zen das Land an diesen Punkt gebracht hat.

Aber warum die Blockade? Unsere Allianz verhängt keine Blockade gegen den Jemen. 22 Häfen, Flugplätze und Landübergä­nge sind offen. Im November haben die Houthis eine ballistisc­he Rakete auf Riad abgefeuert. Das war ein sehr kritischer Punkt: Wir mussten unsere nationale Sicherheit schützen und zugleich humanitäre Hilfe für den Jemen gewährleis­ten. Die Houthis haben die Rakete über al-Hudaida geschmugge­lt. Deshalb haben wir den Hafen geschlosse­n. Aber die humanitäre Hilfe wurde nicht gestoppt. Wir haben Lieferunge­n auf andere Häfen verlegt. Wir unterschei­den nicht zwischen Gebieten, die die Houthis kontrollie­ren, und solchen, die die Regierung kontrollie­rt. Aber die Houthis wollen eine schlimme humanitäre Lage, um damit die internatio­nale öffentlich­e Meinung auf ihre Seite zu ziehen.

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