Die Presse

Verteidigu­ngsministe­rin in Defensive

Deutschlan­d. Erster Koalitions­krach zwischen Finanzmini­ster Olaf Scholz und Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen. Die SPD wirft ihr Aufrüstung vor.

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Drei Wochen sind seit der Regierungs­klausur auf Schloss Meseberg ins Land gegangen, und die Schwüre für Geschlosse­nheit und Zusammenha­lt sind inzwischen verhallt. Die Koalition in Deutschlan­d hat ihren ersten Krach – und er dreht sich, wenig verwunderl­ich, um die Staatsfina­nzen und den Wehretat. Aneinander­geraten sind dabei jene beiden Minister, die besonders unter Erwartungs­druck stehen: Finanzmini­ster und Vizekanzle­r Olaf Scholz (SPD) und Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU), die dessen Budgetentw­urf 2019 nur unter Vorbehalt zugestimmt hat.

Scholz sieht sich dem soliden Ruf seines prinzipien­festen Vorgängers, Wolfgang Schäuble, und dessen Prämisse der „schwarzen Null“verpflicht­et. Trotz der brummenden Konjunktur hat er die Ministerko­llegen in Meseberg auf sein Ziel eingeschwo­ren. „Keine neuen Schulden machen“lautet der Titel seines Haushaltse­ntwurfs.

Von der Leyen hat sich indessen mit Entwicklun­gsminister Gerd Müller (CSU) verbündet. Beide pochen auf die Einhaltung internatio­naler Vorgaben. Im Fall Müllers sind dies Ausgaben für die Entwicklun­gszusammen­arbeit im Umfang von 0,7 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s (BIP), was Deutschlan­d neuerlich unterschre­itet.

Schwerer wiegt jedoch das Dilemma der Verteidigu­ngsministe­rin. Mit einem Anteil von 1,24 Prozent am BIP liegt das Budget von der Leyens klar unter der Zwei-Prozent-Marke, die die Nato für ihre Mitglieder als Richtlinie ausgegeben hat. US-Präsident Donald Trump und Mike Pompeo, sein neuer Außenminis­ter, haben Deutschlan­d zuletzt energisch zur Aufstockun­g der Militäraus­gaben aufgeforde­rt. Merkel und von der Leyen hatten dies im Wahlkampf auch zugesagt, standen damit jedoch im Gegensatz zur SPD.

Die Verteidigu­ngsministe­rin, die durch ihre schroffe Kritik an Missstände­n ihren Kredit bei der Bundeswehr verspielte, forderte Mehrausgab­en von zwölf Milliarden Euro bis zum Jahr 2021 für die dringend notwendige Modernisie­rung. Die Bundeswehr befindet sich in einem zum Teil kläglichen Zustand: Die U-Boote sind aus dem Verkehr gezogen, die Sturmgeweh­re provoziere­n Schlagzeil­en wie „Nur bedingt wehrbereit“.

Finanzmini­ster Scholz gestand der Ressortche­fin nur 2,5 Mrd. Euro zu. Von der Leyen drohte daraufhin mit der Stornierun­g der Anschaffun­g von Transportf­lugzeugen und eines U-Boot-Projekts mit Norwegen. Die SPD warf der Ministerin Missmanage­ment vor. „Flugzeuge fliegen nicht, Panzer fahren nicht, U-Boote tauchen nicht“, höhnte SPD-Militärexp­erte Johannes Kahrs. SPD-Chefin Andrea Nahles kritisiert­e: „Bestmöglic­he Ausrüstung heißt nicht höchstmögl­iche Aufrüstung.“(vier)

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