Dreimal mehr Geld für Grenzschutz
EU-Haushalt 2021–2027. Kein Budgetposten soll nach dem Wunsch der Kommission stärker wachsen als jener für Grenzen und Migration. Geld allein wird die Probleme jedoch nicht lösen.
Wer das für Überwachung der Grenze zur Türkei zuständige Kommando der bulgarischen Grenzschutzpolizei in der Kleinstadt Elhovo besucht, bekommt einen Fuhrpark nagelneuer Nissan-Geländewagen, hochmoderne digitale Videoanlagen und anderes technisches Gerät zur Erfassung illegaler Grenzübertritte zu sehen. Überall erinnern blaue Aufkleber mit zwölf gelben Sternen daran, aus welcher Quelle all dies bezahlt wurde, nämlich aus dem Internal Security Fund der Europäischen Union. 40,4 Millionen Euro stehen Bulgarien, dem ärmsten Unionsmitglied, in der laufenden Finanzperiode der Jahre 2014 bis 2020 aus diesem Brüsseler Geldtopf allein für die Zwecke des verstärkten Grenzschutzes zu (weitere 32 Millionen Euro sind für die Moderni-
möchte die Europäische Kommission in den Jahren 2021 bis 2027 im Unionshaushalt für Grenzschutz, Migration und Asylpolitik verbuchen. Das wäre, so die nationalen Regierungen und das Europaparlament zustimmen, fast dreimal so viel wie die 13 Milliarden Euro, die in der laufenden Finanzperiode für diese Zwecke budgetiert sind. Anlass dafür ist die im Sommer 2015 eskalierte Migrationskrise. sierung der bulgarischen Polizei budgetiert). In Summe verfügt dieser Fonds im genannten laufenden Budgetrahmen über 3,8 Milliarden Euro für alle Mitgliedstaaten. Geht es nach den Wünschen der Europäischen Kommission, soll es ab dem Jahr 2021 deutlich mehr Geld dafür geben. Sie möchte hinfort einen Integrated Border Management Fund mit 9,3 Milliarden Euro dotieren. Das wäre beinahe eine Verdreifachung der Mittel, mit denen die EU ihre Mitgliedstaaten bei der Überwachung ihrer Außengrenzen unterstützt.
Generell dürfte der Budgetposten „Migration und Grenzmanagement“am stärksten wachsen. 34,9 Milliarden Euro soll es nach den Vorstellungen der Kommission dafür im Unionshaushaltsrahmen geben: fast dreimal so viel, wie es die 13 Milliarden Euro in der gegenwärtigen Finanzperiode sind.
Zwar liegt es in den Händen der nationalen Regierungen, den tatsächlichen Umfang dieses mehrjährigen Finanzrahmens zu beschließen (gemeinsam mit dem Europaparlament, das jedoch wie stets ein noch größeres Unionsbudget verlangt, als es die Kommission vorgeschlagen hat). Doch während der gesamte Vorschlag von Nettozahlerländern wie den Niederlanden, Dänemark und Österreich als zu groß kritisiert wird, gibt es vorerst keine Einwände ihrerseits an der Ausweitung der europäischen Mittel für den Schutz der Außengrenzen und den Umgang mit dem Migrationsdruck von außen. Dieser Budgetposten könnte die harten Verhandlungen, die vermutlich erst nach den Europawahlen im Mai 2019 und mit einem somit neu konstituierten Europaparlament abgeschlossenen werden dürften, ziemlich ungekürzt überstehen.
Noch stärker als die Mittel für die Aufrüstung der nationalen Grenzschutzbehörden im Grenzschutzfonds soll das Budget von Frontex wachsen, also der Europäischen Agentur für Grenzschutz und Küstenwache. Derzeit hat Frontex einen 1500 Personen umfassenden ständigen, binnen fünf Tagen einsatzbereiten Pool an Grenzschutzbeamten. Sie werden von den Mitgliedstaaten bereitgestellt, die Kosten dafür aus dem Frontex-Budget ersetzt. Schrittweise bis zum Jahr 2027 soll diese schnelle Einsatztruppe 10.000 Beamte umfassen.
Die Kommission trägt in ihrem Budgetvorschlag allerdings auch der Einsicht Rechnung, dass die bloße Verstärkung des Schutzes der Außengrenzen allein den Migrationsdruck nicht lindern wird. Sie schlägt vor, auch das Budget für die Unterstützung der Mitgliedstaaten im Umgang mit Asylwer- bern und Migranten zu erhöhen, wenn auch wesentlich weniger stark. Sie schlägt zudem die „Erleichterung der legalen Zuwanderung nach Europa“vor, macht gleichzeitig aber auch „eine dauerhafte Rückkehr und eine wirksame Rückübernahme in Drittländer“zum Schwerpunkt der nächsten sieben Jahre.
Das ist der kritische Punkt, an dem sich entscheidet, ob Europa die Migrationskrise in den Griff bekommt. Die Nagelprobe für die politische Entschlossenheit der Regierungen, das Problem gemeinsam zu lösen, ist der Abschluss des großen Gesetzespakets zur Reform des gemeinsamen Asylwesens und des Schengener Grenzkodex. Dem Vernehmen nach hofft der bulgarische Ratsvorsitz, dies beim Europäischen Rat im Juni zu einer Einigung zu führen. Andernfalls würde Österreichs Ratspräsidentschaft dieses dornige Dossier erben.