Das Feindbild im Peloton
Rad. Trotz ungeklärter Salbutamol-Affäre startet Christopher Froome heute beim Giro d’Italia. „In seiner Position wäre ich nicht dabei“, sagt Titelverteidiger Tom Dumoulin.
Ein exotischer Startort und ein Topfavorit unter Dopingverdacht: Der 101. Giro d’Italia, der heute in Jerusalem mit einem 9,7-Kilometer-Prolog beginnt (ab 12.30 Uhr, Eurosport, live), produziert ganz besondere Schlagzeilen. Wegen der schwelenden Salbutamol-Affäre, die für Chris Froome in einer Dopingsperre münden könnte, steht der Seriensieger aus Großbritannien unter erheblichem Druck. Auch wenn er sagt: „Es gibt keinen Grund, warum ich hier nicht fahren sollte.“
Die Feierstimmung beim ersten Auftakt einer großen Länderrundfahrt außerhalb Europas, immerhin ein 27-Millionen-EuroSpektakel, ist durch die Anwesenheit des vierfachen Tour-deFrance-Siegers nachhaltig getrübt. Auch wenn das die Organisatoren, die für die Startzusage des PR-Magneten Froome 1,4 Millionen Euro gezahlt haben sollen, anders sehen mögen.
Heute darf Froome seine Rekordjagd in der Heiligen Stadt beginnen, obwohl die ominöse Affäre um das Asthmamittel Salbutamol weiter ungeklärt ist. Vorjahressieger Tom Dumoulin, Lokalmatador Fabio Aru oder Mitfavorit Thibaut Pinot droht auf dem dreiwöchigen Weg von Jerusalem nach Rom ein Schattendasein. „Er ist als Gedopter gebrandmarkt“, sagte Tony Martin, vierfacher Zeitfahrweltmeister vor dem Start; und Dumoulin wiederholte seinen Standpunkt zur Causa Froome: „In seiner Position wäre ich nicht dabei.“
Die Geschichte könnte sich wiederholen: 2011 gewann Alberto Contador in Italien, obwohl er ein Jahr zuvor des Dopings überführt worden war. Erst 2012 war der Spanier nach einem Justizmarathon gesperrt und sein Giro-Sieg ihm aberkannt worden. Um ein drohendes ähnliches Szenario zu verhindern, hatten Konkurrenten, Teamchefs und der Präsident des Weltverbands UCI an das gute Gewissen Froomes appelliert. Er solle sich zurückzuziehen, bis sein Fall geklärt sei.
Doch der umstrittene Sky-Kapitän, der als dritter Profi nach Eddy Merckx (1972/73) und Bernard Hinault (1982/83) Giro, Tour und Vuelta in Serie gewinnen könnte, beruft sich auf die Statuten der Welt-Anti-Doping-Agentur. Sie lassen einen Start zu, bis mögliche Sanktionen wegen der im September 2017 festgestellten Verfehlung verhängt sind. Das Verfahren zieht sich seit fast acht Monaten hin, eine Klärung ist nicht in Sicht. „Ich weiß, dass ich nichts verkehrt gemacht habe“, hat Froome betont und auf „vertrauliche Untersuchungen“der UCI verwiesen. Der Weltverband tut sich schwer, Froomes Argumente, der hohe Befund habe natürliche Ursachen, abschließend zu werten.
Die 3546 Kilometer bis zur Entscheidung am 27. Mai in Rom nehmen auch drei Österreicher in Angriff: Patrick Konrad, Felix Großschartner (beide Bora-Hansgrohe) und Georg Preidler (GroupamaFDJ). Vorjahresetappensieger Lukas Pöstlberger wurde durch eine Erkrankung ausgebremst. (ag/red.)