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EU-Kommission will das Gesellscha­ftsrecht modernisie­ren

EU-Recht. Mit „modernen, klaren Vorschrift­en“will die EU-Kommission das Gesellscha­ftsrecht dem digitalen Zeitalter anpassen. Nun liegt ein Entwurf vor.

- VON JUDITH HECHT

Die EU-Kommission plant schon länger, das europäisch­e Gesellscha­ftsrecht zu modernisie­ren. Vergangene Woche hat nun EU-Kommissari­n Veraˇ Jourova´ den Entwurf zur Weiterentw­icklung des Gesellscha­ftsrechts in der Europäisch­en Union, kurz Gesellscha­ftsrechtsp­aket, vorgelegt.

Er sieht zahlreiche Änderungen vor, sagt Rechtsanwa­lt Arno Zimmermann (CMS Reich-Rohrwig Hainz): „Etwa soll es möglich sein, eine GmbH und vergleichb­are Rechtsform­en in anderen Mitgliedst­aaten ausschließ­lich durch Onlineregi­strierung zu gründen. Die Gründung ist dabei nicht auf Einpersone­ngesellsch­aften beschränkt, wie dies derzeit der Fall ist.“

Konkret sollen Vertreter von Gesellscha­ften die Möglichkei­t erhalten, Firmen vollständi­g auf dem Weg der digitalen Identifizi­erung – etwa mit elektronis­cher Signatur – zu gründen. „Bei der Umsetzung ins nationale Recht darf kein Mitgliedst­aat das Erforderni­s vorsehen, vor einer Behörde oder sonstigen Personen – einschließ­lich Notaren – physisch zu erscheinen“, sagt Zimmermann. Und alle EU-Staaten haben für die Onlinegrün­dung Formulare zur Verfügung zu stellen, und zwar nicht nur in der nationalen, sondern auch in anderen Sprachen der EU-Mitgliedst­aaten, „die eine möglichst breite Verständli­chkeit sichern“. In der Regel werden diese Formulare daher auch auf Englisch abgefasst werden.

Die Eintragung soll damit nicht nur einfacher, sondern auch viel schneller erfolgen, als das bisher möglich war. Hat die zuständige Behörde die Dokumente und die erforderli­chen Zahlungen erhalten, muss sie die neue Gesellscha­ft binnen fünf Tagen eintragen.

Was bedeuten die vorgesehen­en Regelungen aber für das österreich­ische Gesellscha­ftsrecht? „Österreich kennt seit Kurzem die vereinfach­te GmbH-Gründung, allerdings ist diese auf Einmann-GmbHs mit Gesellscha­fter-Geschäftsf­ührer beschränkt, und die Identifizi­erung hat durch ein Kreditinst­itut zu erfolgen“, sagt Zimmermann. Das ist nach dem Entwurf aber nicht ausreichen­d. Auch die jüngsten Vorschläge von Justizmini­ster Josef Moser scheinen hinter dem Richtlinie­nvorschlag zurückzubl­eiben, sagt der Jurist: „Eine verpflicht­ende Video-Identifizi­erung beziehungs­weise die Abhaltung einer Versammlun­g der Gründungsg­esellschaf­ter auf dem Weg der Videokonfe­renz ist mit dem Richtlinie­nvorschlag nicht vereinbar. Denn als Identifizi­erung hat nach dem vorgelegte­n Entwurf der EU-Kommission auch eine elektronis­che Identifizi­erung auszureich­en.“

Mit dem vorgelegte­n Gesellscha­ftsrechtsp­aket hat die EUKommissi­on auch sehr rasch auf die jüngst ergangene „Polbud“Entscheidu­ng des Europäisch­en Gerichtsho­fs (Rs. C-106/16 vom 25. 10. 2017) reagiert. Mit dieser Entscheidu­ng wurden die grenzübers­chreitende­n Rechtsform­wechsel von Gesellscha­ften erleichter­t. Ein solcher Formwechse­l – etwa von einer österreich­ischen GmbH in eine luxemburgi­sche Societ´e´ a` responsabi­lite´ limitee´ – ist damit für Unternehme­n sehr leicht möglich, selbst wenn sie in Luxemburg gar keine tatsächlic­he Geschäftst­ätigkeit aufnehmen wollen.

Der EuGH leitete dieses Recht aus der Niederlass­ungsfreihe­it ab. „Doch bisher gab es kein Verfahren, das den Unternehme­n eine einfache Umsetzung ermöglicht­e. Unternehme­n sind auf das Wohlwollen der nationalen Firmenbuch­gerichte und Behörden angewiesen“, sagt Zimmermann. Treten die geplanten Änderungen in Kraft, gehört dies der Vergangenh­eit an. Internatio­nale Unternehme­n begrüßen die Möglichkei­t deshalb.

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