EU-Kommission will das Gesellschaftsrecht modernisieren
EU-Recht. Mit „modernen, klaren Vorschriften“will die EU-Kommission das Gesellschaftsrecht dem digitalen Zeitalter anpassen. Nun liegt ein Entwurf vor.
Die EU-Kommission plant schon länger, das europäische Gesellschaftsrecht zu modernisieren. Vergangene Woche hat nun EU-Kommissarin Veraˇ Jourova´ den Entwurf zur Weiterentwicklung des Gesellschaftsrechts in der Europäischen Union, kurz Gesellschaftsrechtspaket, vorgelegt.
Er sieht zahlreiche Änderungen vor, sagt Rechtsanwalt Arno Zimmermann (CMS Reich-Rohrwig Hainz): „Etwa soll es möglich sein, eine GmbH und vergleichbare Rechtsformen in anderen Mitgliedstaaten ausschließlich durch Onlineregistrierung zu gründen. Die Gründung ist dabei nicht auf Einpersonengesellschaften beschränkt, wie dies derzeit der Fall ist.“
Konkret sollen Vertreter von Gesellschaften die Möglichkeit erhalten, Firmen vollständig auf dem Weg der digitalen Identifizierung – etwa mit elektronischer Signatur – zu gründen. „Bei der Umsetzung ins nationale Recht darf kein Mitgliedstaat das Erfordernis vorsehen, vor einer Behörde oder sonstigen Personen – einschließlich Notaren – physisch zu erscheinen“, sagt Zimmermann. Und alle EU-Staaten haben für die Onlinegründung Formulare zur Verfügung zu stellen, und zwar nicht nur in der nationalen, sondern auch in anderen Sprachen der EU-Mitgliedstaaten, „die eine möglichst breite Verständlichkeit sichern“. In der Regel werden diese Formulare daher auch auf Englisch abgefasst werden.
Die Eintragung soll damit nicht nur einfacher, sondern auch viel schneller erfolgen, als das bisher möglich war. Hat die zuständige Behörde die Dokumente und die erforderlichen Zahlungen erhalten, muss sie die neue Gesellschaft binnen fünf Tagen eintragen.
Was bedeuten die vorgesehenen Regelungen aber für das österreichische Gesellschaftsrecht? „Österreich kennt seit Kurzem die vereinfachte GmbH-Gründung, allerdings ist diese auf Einmann-GmbHs mit Gesellschafter-Geschäftsführer beschränkt, und die Identifizierung hat durch ein Kreditinstitut zu erfolgen“, sagt Zimmermann. Das ist nach dem Entwurf aber nicht ausreichend. Auch die jüngsten Vorschläge von Justizminister Josef Moser scheinen hinter dem Richtlinienvorschlag zurückzubleiben, sagt der Jurist: „Eine verpflichtende Video-Identifizierung beziehungsweise die Abhaltung einer Versammlung der Gründungsgesellschafter auf dem Weg der Videokonferenz ist mit dem Richtlinienvorschlag nicht vereinbar. Denn als Identifizierung hat nach dem vorgelegten Entwurf der EU-Kommission auch eine elektronische Identifizierung auszureichen.“
Mit dem vorgelegten Gesellschaftsrechtspaket hat die EUKommission auch sehr rasch auf die jüngst ergangene „Polbud“Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (Rs. C-106/16 vom 25. 10. 2017) reagiert. Mit dieser Entscheidung wurden die grenzüberschreitenden Rechtsformwechsel von Gesellschaften erleichtert. Ein solcher Formwechsel – etwa von einer österreichischen GmbH in eine luxemburgische Societ´e´ a` responsabilite´ limitee´ – ist damit für Unternehmen sehr leicht möglich, selbst wenn sie in Luxemburg gar keine tatsächliche Geschäftstätigkeit aufnehmen wollen.
Der EuGH leitete dieses Recht aus der Niederlassungsfreiheit ab. „Doch bisher gab es kein Verfahren, das den Unternehmen eine einfache Umsetzung ermöglichte. Unternehmen sind auf das Wohlwollen der nationalen Firmenbuchgerichte und Behörden angewiesen“, sagt Zimmermann. Treten die geplanten Änderungen in Kraft, gehört dies der Vergangenheit an. Internationale Unternehmen begrüßen die Möglichkeit deshalb.