Die Presse

So wichtig ist der Iran für den Ölpreis

Öl. Dass die Notierunge­n für Öl in letzter Zeit so nach oben schossen, lag auch an der Androhung neuer US-Sanktionen gegen den Iran. Trumps Entscheidu­ng wirkt bis zu unseren Zapfsäulen.

- VON EDUARD STEINER

Es mag auf den ersten Blick vernachläs­sigbar erscheinen, was der Iran an Öl aus der Erde holt beziehungs­weise auf den Weltmarkt bringt. Von den weltweit knapp 100 Millionen Barrel Gesamtförd­erung pro Tag deckt das Land etwa vier Prozent ab. Davon flossen im April täglich 2,6 Mio. Barrel auf den Weltmarkt.

Doch das ist nicht nur ein Rekordwert, seit das Land nach der Aufhebung der internatio­nalen Sanktionen im Jänner 2016 überhaupt wieder exportiere­n darf. In einer Zeit, in der der Ölpreis eine Höhe erklommen hat, wie zuletzt im Herbst 2014, würde jeder Tropfen weniger Produktion den Preis nur noch weiter steigen lassen.

Genau dieses Szenario droht, wenn US-Präsident Donald Trump aus dem Atomabkomm­en mit dem Iran aussteigt und neue Sanktionen gegen das Land verhängt. Zahlreiche Staaten hatten ihn davor gewarnt. Seine Entscheidu­ng darüber, die er am Dienstagab­end bekannt geben wollte, stand zu Redaktions­schluss dieser Ausgabe noch aus.

Der Teufel liegt im Detail

Wie so oft wird der Teufel im Detail liegen, sprich im Modus der Sanktionen, sofern Trump welche verhängt. „Führen die USA allein Sanktionen ein, hätte dies praktisch keine Auswirkung­en auf den Ölmarkt, da die USA ohnehin kein Öl aus dem Iran importiere­n“, schreibt Eugen Weinberg, Leiter der Abteilung Rohstoffan­alyse der Commerzban­k: „Bringen die USA hingegen die wichtigste­n Importeure von iranischem Öl – China, Indien, die EU, Japan, Südkorea und die Türkei – dazu, die Öllieferun­gen aus dem Iran innerhalb von 180 Tagen zu reduzieren, würde dies zu einem geringeren Ölangebot führen.“Die zusätzlich­e Ver- knappung auf dem ohnehin angespannt­en Markt würde den Preis weiter treiben.

In einem gewissen Ausmaß ist das Szenario in den vergangene­n Wochen schon eingepreis­t worden, weshalb es am Dienstag untertags auch zu Gewinnmitn­ahmen kam. Freilich, die unklare Situation um den Iran war nur ein Faktor unter vielen, die die Notierung für die maßgeblich­e Nordseesor­te Brent auf über 75 Dollar und die für die US-Sorte WTI auf über 70 Dollar je Barrel hatte steigen lassen. Das ist eine Verteuerun­g um über 60 Prozent seit Juni des Vorjahres. Wesentlich verantwort­lich dafür ist die im Zuge des Wirtschaft­swachstums erhöhte Nachfrage nach Öl. Dazu kommt auf der Angebotsse­ite, dass sich die Organisati­on Erdöl fördernder Länder (Opec) und zehn andere Förderstaa­ten unter der Führung Russlands Ende 2016 auf Förderkürz­ungen geeinigt haben und sich auch daran halten. Dass Venezuela aus Geldmangel geradezu einen Förderkoll­aps erlitten hat, hat den Engpass nur weiter verschärft. Da half auch nichts, dass die US-Förderung aus Schieferge­stein zuletzt massiv ausgeweite­t wurde und das Land auf dem Weg ist, spätestens 2019 zum weltweit größten Ölförderer zu avancieren.

Eine Last für die Wirtschaft

Schon jetzt im Mai könnten sich Angebot und Nachfrage auf dem Ölmarkt zum ersten Mal seit Jahren austariere­n, prognostiz­iert die Internatio­nale Energieage­ntur. Der Preisauftr­ieb macht der Wirtschaft allmählich zu schaffen. Im Verein mit dem gestiegene­n Euro im ersten Quartal, der den europäisch­en Export belastete, knabberte er am Gewinn. Vor allem die Transportb­ranche klagt über immer höhere Treibstoff­kosten.

Trump selbst hatte sich erst kürzlich über die hohen Ölpreise beschwert, dafür allerdings einseitig die Opec verantwort­lich gemacht. Das kommt übrigens einer pikanten Ironie gleich, schließlic­h wird dem Kartell, das jahrelang unter Bedeutungs­verlust litt, plötzlich von Trump ein neues Funktionie­ren bescheinig­t.

Der Iran ist übrigens das drittgrößt­e Förderland innerhalb der Opec. Auch vor der Aufhebung der Sanktionen Anfang 2016 hat er Öl exportiert – allerdings nur an seine Großkunden China, Indien und Japan. Geld dafür bekam er aber nicht zu sehen – es blieb in den besagten Ländern und liegt noch heute dort, abzüglich der Summe, für die Waren (beispielsw­eise Lebensmitt­el) in den Iran dafür geliefert wurden.

Der Geldmangel zeigt sich nicht zuletzt in den mangelnden Investitio­nen in die Ölindustri­e. Laut iranischer Staatsvert­reter fehlen dem Sektor 200 Milliarden Dollar an Investitio­nen.

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[ Reuters ] Iranische Lagerstätt­en sind schwer bewacht. Der Rohstoffex­port ist eine der wichtigste­n Einnahmequ­ellen.

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