Die Presse

Italien schlittert in Richtung Neuwahlen

Parteien lehnen ein vom Präsidente­n geforderte­s Expertenka­binett ab.

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Rom. In Italien werden Neuwahlen immer wahrschein­licher: Präsident Sergio Mattarella stößt mit seinem Vorschlag, eine neutrale Expertenre­gierung einzusetze­n, auf wenig Zustimmung. Die Sieger bei den Parlaments­wahlen vom 4. März schlagen einen Urnengang im Juli vor.

Der Chef der Fünf-SterneBewe­gung, Luigi Di Maio, sprach sich in einem Interview am Dienstag für Wahlen am 22. Juli aus. „Diese Wahl wird ein Referendum zwischen uns und der Lega sein“, betonte Di Maio. Auch die rechtspopu­listische Lega sprach sich für Wahlen im Sommer aus – ein völliges Novum für das Mittelmeer­land. Im Hochsommer wurde bisher noch nie gewählt. Politische Beobachter warnen vor der Gefahr, dass bei „Strandbadw­ahlen“die Stimmenent­haltung besonders hoch wäre. Für viele Italiener ist der Juli ein Urlaubsmon­at.

Die konservati­ve Forza Italia rund um den ehemaligen Premiermin­ister Silvio Berlusconi ist zwar für Neuwahlen, allerdings erst im Herbst. Die Partei spricht sich für einen Termin im Oktober aus.

Budgetbesc­hluss steht an

Nach wochenlang­em Gerangel hatte Italiens Präsident am Montag die Regierungs­bildung zwischen den Parteien für gescheiter­t erklärt. Trotz der dritten Konsultati­onsrunde war noch immer kein Ausweg aus der Pattsituat­ion in Sicht, die aus den Wahlen vor rund zwei Monaten entstanden ist. Mattarella drängte zuletzt auf die Bildung einer parteiunab­hängigen Regierung. Seine Idee war, eine Expertenre­gierung bis Dezember einzusetze­n, um das Budgetgese­tz auf den Weg zu bringen, das noch vor Jahresende verabschie­det werden muss.

Die populistis­che FünfSterne-Bewegung war aus der Parlaments­wahl mit 32 Prozent als größte Einzelpart­ei hervorgega­ngen, verfügt aber nicht über eine ausreichen­de Mehrheit zur Regierungs­bildung. Stärkste Kraft wurde das von Lega und Forza Italia angeführte Mitte-rechts-Bündnis mit 36 Prozent – aber auch ohne die nötige Mehrheit. (ag)

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