Dr. M will es noch einmal wissen
Malaysia. Der 92-jährige Ex-Premier Mahathir Mohamad tritt für Opposition zur Wahl an.
Von morgens bis spätabends ging der 92-Jährige im roten Hemd vor der heutigen Parlamentswahl auf Wahlkampftour. Mahathir Mohamad, Malaysias Methusalem, kannte keine Müdigkeit, wenn er als Oppositionsführer gegen Premier Najib Razak zeterte, den er selbst zum Regierungschef gekürt hatte. „Diebe, Gangster, Banditen“, schmähte er die Regierung, die die Demokratie des südostasiatischen Tigerstaats in eine Kleptokratie verwandelt habe.
Er spielte darauf an, dass Razak im Vorjahr einen Megaskandal losgetreten hatte, als er 680 Millionen Dollar aus einem Staatsfonds auf seine Privatkonten abgezweigt und sich Protestkundgebungen sowie Rücktrittsforderungen hartnäckig widersetzt hatte. Als der Premier kurzfristig Neuwahlen ausrief und den Wahltermin ausgerechnet auf die Wochenmitte legte, sah sich Mohamad nach 15 Jahren zum Comeback gezwungen. Es gehe ihm darum, einen Fehler auszumerzen, bekannte der greise Politiker, der als „Dr. M“in Malaysia einen legendären Ruf genießt und heute als „Großvater der Nation“gilt.
22 Jahre führte Mahathir das Land mit eiserner Hand und transformierte es – wie Lee Kuan Yew in Singapur – zu einem Wirtschaftswunderland mit autoritären Zügen. International fiel der frühere Kinderarzt mit harscher Kritik am Westen auf, intern mit dem Sturz Anwar Ibrahims, seines Finanzministers und Kronprinzen. Er warf ihm Sodomie vor – im strikt muslimischen Land das Synonym für Homosexualität – und steckte den Familienvater ins Gefängnis. Inzwischen tritt Mahathir für die Opposition an, und bei seinen Auftritten ertönte die Parole „Reformarsi“– jener Slogan, den Anwar als zeitweiliger Oppositionsführer populär gemacht hatte. Mit der Familie Anwars, mit dessen Frau und Tochter, hat Mahathir ein Zweckbündnis geschlossen. Anwar sitzt derzeit wieder in Haft. Bei einem Wahlsieg schwor Mahathir, ihn zu begnadigen und ihm das Premiersamt zu überlassen – als spätes Happy End. (vier)