Wo die EU in Wien Gelder verteilt
Aktionstage. Wie profitiert Wien von der EU – und wo sieht man das? Die Union ist auf Charmeoffensive in der Stadt und lädt kommende Woche zu Tagen der offenen Tür in Wien.
Wien. Ohne die EU sähe Wien anders aus. Die Mittelzone des Gürtels, die Stadtbahnbögen, wären heute vielleicht nicht die beliebte Fortgehmeile, hätte die EU nicht in den Neunzigerjahren, gleich nach dem Beitritt, kräftig Mittel dafür lockergemacht.
Auch die Neugestaltung des Hannovermarktes oder der Ottakringer Straße wurden aus Brüssel finanziert – daran erinnern Marc Fähndrich von der Vertretung der Europäischen Kommission in Wien und Heinrich Weber von der für EU-Förderungen zuständigen Wiener Magistratsabteilung 27 bei einer Tour zu diversen geförderten Betrieben und Projekten.
1 Die EU auf Charmeoffensive in Wien – warum, und was ist geplant?
Die EU ist dieser Tage auf Charmeoffensive in Wien. „Das ist hilfreich in einer heißen politischen Phase wie derzeit“, sagt Fähndrich, spricht die aktuelle Debatte um das EU-Budget an. Wohl auch, um für die nötige Zustimmung zu diesem zu werben, zeigt die EU nun, was sie in Wien leistet: Kommende Woche, von 15. bis 19. Mai, finden nun zum zweiten Mal die Tage der offenen Tür statt, an denen man rund 40 geförderte Projekte in Wien besuchen kann. (Details: facebook.com/EUropaInWien).
2 Welche Betriebe oder Projekte fördert die EU in Wien?
Zu besichtigen sind diverse Projekte, vom Technologiezentrum Seestadt Aspern über die offene Werkstätte Happylab und die Gärtnerei Flicker in Breitensee, die dank EUFörderungen nun das ganze Jahr kleine Snack-Gurken produziert, bis zu vielem im Bereich Ausbildung und Jugendcoaching. Etwa das Projekt „Craft Jobs“: ein Betrieb nahe des Gasometer, in dem junge Leute zwischen 18 und 24 Jahren, die zuvor von der Mindestsicherung gelebt haben, fit für den Arbeitsmarkt werden sollen. Wenn auch – so ehrlich müsse man sein, sagt Stefan Brinskele, Geschäftsführer der betreibenden Gesellschaft, ReIntagra, – eher nur für einfache Tätigkeiten. Schließlich geht es um junge Leute mit psychischen Problemen oder sprachlichen Defiziten: Diese werden hier intensiv bei der Jobsuche unterstützt, arbeiten projektbezogen bei Firmen wie Manner, verpacken ISI-Schlagobersflaschen oder servicieren E-Bikes auf Auftrag einer Firma. Nach zehn Monaten, so Brinskele, habe jeder dritte einen „richtigen“Job, eine hohe Quote für Projekte wie dieses. Das in diesem Fall halb von der EU, halb aus Österreich gefördert wird. Und das über Firmenaufträge selbst Geld verdient – aber ohne Förderungen ginge es nicht, sagt Brinskele.
3 Wie viel zahlt die EU in Summe an Förderungen für Projekte in Wien?
In Summe fördert die EU in Wien derzeit ein paar Hundert Projekte oder Unternehmen. Ganz genau lässt sich das nicht sagen, schließlich laufen die Gelder über Förderperioden und verschiedene Fonds. Über den EFRE, den Fonds für regionale Entwicklung, wurden für die Förderperiode 2014 bis 2020 mit Stand April 2018 für Wien 63,2 Mio. Euro genehmigt. Dazu kommen (Stand Jänner) 71 Mio. Euro für 150 Projekte aus dem Europäischen Sozialfonds ESF, die besonders im Bereich Bildung und Integration eingesetzt werden. Aus dem Fonds ELER (ländliche Entwicklung) kommen in der Periode 2014 bis 2020 rund 21,5 Mio. Euro. Aus dem EMFF, dem Meeres- und Fischereifond, der sich auf Qualität und Steigerung der Aquakulturproduktion konzentriert, fließen bis 2020 rund 122.000 Euro nach Wien. Diesen Fördergeldern gegenüber stehen freilich Österreichs Geldflüsse Richtung Brüssel als EU-Nettozahlerland.
4 Was bringt es, Brüssel Geld zu zahlen, um dann in Wien zu fördern?
Was bringen diese EU-Förderungen? Schließlich könnte man weniger nach Brüssel überweisen, dafür selbst Projekte wie die genannten unterstützen. Dieses Argument höre er oft, sagt Heinrich Weber. Er hält dagegen, die EU könne Impulse geben, wo die Stadt nicht hinsieht. Weber nennt den Hannovermarkt oder den Wallensteinplatz als Orte, „die nicht so im Fokus der Stadtplanung waren“. Auch im Fall der Neugestaltung von Ottakringer Straße oder Johann-NepomukBerger-Platz hätten sich „die Bezirke stark durch Förderungen lenken lassen“und dann mitgezahlt, so Weber. Wie im Fall des Gürtels, als die Stadt nach dem Anstoß durch die EU das Projekt weiterbetrieben hat. Und schließlich helfe all das, die EU in Wien sichtbarer zu machen.