Die Presse

Deutschkla­ssen: Kein Beweis für Wirksamkei­t?

Kritik von Experten nach nicht-öffentlich­em Hearing.

-

Es fehle die wissenscha­ftliche Evidenz dafür, dass die von Türkis-Blau beschlosse­nen Deutschkla­ssen sinnvoll seien: Das war der Tenor der Expertinne­n, die SPÖ, Neos und Liste Pilz gestern, Dienstag, zu einem Hearing ins Parlament geladen hatten. Weil der Parlaments­termin mit Schulminis­ter Heinz Faßmann (ÖVP) nicht öffentlich war, äußerten diese sich im Anschluss vor Journalist­en.

„Es gibt keine Evidenzen für separieren­de Klassen“, sagte die Bildungsex­pertin und frühere Direktorin Heidi Schrodt. „Keine positiven Befunde.“Die Berliner Willkommen­sklassen, auf die Faßmann oft verweist, seien wegen der Flüchtling­swelle eingericht­et worden und würden nun abgebaut – nach einer Evaluation mit der Empfehlung, sie nicht weiterzufü­hren.

„Es wurde nichts in der Tiefe analysiert“, kritisiert­e die Bildungsfo­rscherin Barbara Herzog-Punzenberg­er. Dass die eigentlich für 2019 geplante Evaluierun­g der aktuellen Sprachförd­erung gestrichen sei, sieht sie als Problem. Und dass Schüler mit Deutschdef­iziten ein Schuljahr verlieren können, sei internatio­nal nicht die Regel, verwies sie auf Kanada.

Bildungsps­ychologin Christiane Spiel kritisiert­e das geplante Testverfah­ren, mit dem in Zukunft standardis­iert festgestel­lt werden soll, ob ein Kind in eine Deutschkla­sse muss. Es sei sehr komplizier­t so ein Verfahren so zu gestalten, dass es wirklich zuverlässi­g sei.

„Ein Mal mehr enttäuscht“

Dass das Deutschkla­ssenmodell nicht evidenzbas­iert besser sei, sei sogar vom von der ÖVP nominierte­n Experten, Michael Becker-Mrotzek von der Universitä­t Köln, zu hören gewesen, sagte Liste-Pilz-Abgeordnet­e Daniela Holzinger. Ebenso, dass maximal 15 Kinder in eine Fördergrup­pe sollten.

SPÖ-Bildungssp­recherin Sonja Hammerschm­id zeigte sich „ein Mal mehr enttäuscht“, dass Wissenscha­ftler Faßmann nicht auf die Wissenscha­ft höre. Neos-Abgeordnet­e Claudia Gamon findet die Herangehen­sweise der türkis-blauen Regierung „tragisch“. (beba)

Newspapers in German

Newspapers from Austria