Wem wollen wir die Klimasünde verbieten?
Eine neue globale Mittelschicht leistet sich den Luxus des Reisens. Wir sitzen mit ihr im Glashaus.
Keine Fernreisen mehr? Oder nur mehr mit dem Fahrrad?
Wer es sich leisten kann, fliegt. Und flieht im Winter in wärmere Gefilde. So eine Fernreise ist Statussymbol und zeugt von kosmopolitischer Geisteshaltung. Der Umwelt tut man aber nichts Gutes. Doch das wussten wir – die wir unsere Billigflüge und Kreuzfahrten buchen – auch schon, bevor uns australische Forscher nun ihre Rechnung zum CO2-Abdruck des globalen Tourismus präsentierten. Sie fiel schlimmer aus, als bisher gedacht: Die billionenschwere Industrie stößt acht Prozent des Treibhausgases aus. Viermal mehr als bisher angenommen. Der CO2Fußabdruck der Reisenden wuchs allein von 2009 bis 2013 um 14 Prozent.
Das australische Papier sorgt für Aufregung. Wie konnte man auf so eine Zahl kommen? Die Antwort: Man war ehrlich und rechnete Essen, Trinken und Souvenirs mit ein. Ein Urlaub bestehe schließlich nicht nur aus Hotel und Flug, sondern brauche Tausende Lieferketten, die im Hintergrund kreuz und quer über die Welt laufen, sagten die Forscher.
Noch schwerer wog aber die zweite Variabel in der Rechnung: der Mensch. Also vor allem die neue Mittelschicht in Ländern wie China, Indien oder Mexiko, die sich jetzt öfter einen Flug gönnt. Die reisefreudigen Chinesen vergrößerten ihren persönlichen CO2-Abdruck mit Besuchen in Paris, London oder Hallstatt von allen Nationen mit Abstand am stärksten.
Wer vor der Sommerreise nun also denkt, das Problem sei ohnehin nicht in Europa zu finden, liegt falsch. Wir, die das globale Treibhaus gebaut haben – also die reichsten Länder mit einem BIP pro Kopf von mehr als 25.000 Dollar – haben die Hälfte des Zuwachses verursacht. Da zählt Österreich genauso zu den Sündern. Wer sich als kosmopolitischer, umweltbewusster Mensch sieht, hat bei solchen Zahlen ein Problem. Vor al- lem, weil die Prognosen der Forscher nicht rosig sind – sofern sich das Urlaubsverhalten nicht ändert.
Also keine Fernreisen mehr? Oder nur mehr mit dem Fahrrad? Keine wirkliche Alternative, dürften sich die Wissenschaftler aus Sydney gedacht haben. Auch ihre internationalen Kongresse wären so schwer zu bewerkstelligen. Also raten sie nicht nur zu näheren Urlaubszielen, sondern geben eine weitere Lösung. Sie fordern, den internationalen Luftverkehr – anders als im Pariser Abkommen – voll in die Pflicht zur CO2-Reduktion zu nehmen. Das soll 15 Prozent aller Emissionen im Tourismus einsparen.
Die Chancen dafür stehen aber schlecht. So will US-Präsident Donald Trump ja sogar ganz aus dem Pariser Vertrag aussteigen. Und damit ginge die Touristengruppe mit dem größten CO2-Abdruck verloren. Das sind nach wie vor die US-Amerikaner. Nur, falls jemand jetzt nach China zeigen will.