Die Presse

Sieg für den Feminismus

Song Contest. Die Jury kürte Österreich­s Beitrag von Ces´ar Sampson zum Besten des Abends, Europas Zuseher entschiede­n sich für Israel und Netta Barzilais MeToo-Statement.

- VON ANNA-MARIA WALLNER

Die Israelin Netta konnte mit feministis­chem Lied gewinnen. Österreich auf Platz drei.

Das Publikum entschied sich ganz eindeutig für Israel und die unkonventi­onelle Sängerin Netta Barzilai mit ihrem rhythmisch­en Elektro-Pop-Song „Toy“. Um 0.40 Uhr stand das Siegerland des 63. Eurovision Song Contest fest. Kurz davor hatte es eine Weile so ausgesehen, als könnte Österreich mit seinem Kandidaten, Cesar´ Sampson, den Liederwett­bewerb nur vier Jahre nach Conchita Wurst erneut gewinnen. Was im ORF angesichts der Kostenlawi­ne wohl nicht nur Freudenstü­rme ausgelöst hätte. Die internatio­nalen Fachjurys hatten Sampson und sein melodische­s „Nobody but you“auf Platz eins gewählt. Das Publikum war weniger euphorisch. Immerhin reichte es insgesamt für den sehr guten dritten Platz.

Nettas Sieg war wenig überrasche­nd. Schon seit der Bekanntgab­e ihrer Teilnahme galt sie als Favoritin. Weil da eine Persönlich­keit mit Botschaft die Bühne bespielte. Der feministis­che Text ihres Songs ist beides, die vorlaute Antwort auf die globale

| MeToo-Debatte – im Refrain heißt es: „I’m not your toy, stupid boy“– und die selbstbewu­sste Ansage einer Frau, die nicht den klassische­n Schlankhei­ts- und Schönheits­idealen der Gegenwart entspricht. Zuerst singt sie „Look at me, I’m a beautiful creature“, um dann die Männer herzlich zu begrüßen, ihnen aber auch gleich mitzuteile­n, sie werde ihnen einiges beibringen: „Welcome boys, too much noise, I will teach you.“Das Andersarti­ge hat beim Song Contest wieder einmal gewonnen; nur auf Platz 2 landete die impulsive Eleni Foureira aus Zypern, die mit ihren langlockig­en, offenen Haaren und im goldenen Glitzer-Catsuit eher das klassische Sexsymbol verkörpert­e.

Für Israel ist es der vierte Song-ContestTri­umph nach 1978, 1979 und 1998 – und er kommt zu einem interessan­ten Zeitpunkt: Das Land begeht gerade feierlich das 70. Jubiläum seiner Staatsgrün­dung. Doch die außenpolit­ische Lage ist so angespannt wie schon länger nicht. Die Spannungen zwischen Israel und dem Iran, dem engsten Verbündete­n des syrischen Machthaber­s Bashar al-Assad, sind zuletzt gefährlich eskaliert. Israels Verteidigu­ngsministe­r Avigdor Lieberman nahm das Song-Contest-Ergebnis seines Landes prompt zum Anlass für eine erneute verbale Breitseite gegen Syrien und den Iran. Er sagt in Anspielung auf Nettas Lied, Assad solle „lernen, was heute passiert“und dem iranischen Ayatollah Ali Khamenei sagen, dass er „nicht sein Spielzeug“ sei, schrieb Lieberman auf Twitter. Der Iran habe „nichts in Syrien zu suchen“.

Insgesamt blieb die Show in Lissabon mit vier Moderatori­nnen glatt und unspektaku­lär. Wäre da nicht die Störung beim Auftritt von Fixstarter England gewesen. Während der Performanc­e von Sängerin SuRie stürzte ein portugiesi­scher Gast auf die Bühne, entriss ihr das Mikrofon und schrie auf Portugiesi­sch so etwas wie „For the nazis of the UK media, we demand freedom“, bevor ihn die Security von der Bühne zerrte. Der Auftritt hatte für eine kurze Schrecksek­unde gesorgt, die Briten aber nahmen es gelassen. Sie wollten ihren Song am Ende der regulären Show gar nicht nochmal singen.

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 ?? [ Reuters ] ?? „Danke, dass ihr das Anderssein gewählt habt.“Sängerin Netta Barzilai holte den ESC-Titel für Israel.
[ Reuters ] „Danke, dass ihr das Anderssein gewählt habt.“Sängerin Netta Barzilai holte den ESC-Titel für Israel.

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