Die Presse

Wie durch den Seitwärtsm­arkt navigieren?

Anlagestra­tegie. Seit Wochen kommen die meisten Märkte nicht so richtig vom Fleck. Viele Investoren stellt das vor eine Herausford­erung. Kurzfristi­ge US-Staatsanle­ihen sind eine verlockend­e Option. Es ist nicht die einzige.

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Seit der Krise 2009 kannten Investoren mit wenigen Ausnahmen eigentlich nur eine Richtung, nämlich nach oben. Dann kam im Februar die überfällig­e Korrektur und die Volatilitä­t kehrte zurück. Doch seit ein paar Wochen tut sich relativ wenig, und das stellt Anleger, die nach einer halbwegs vernünftig­en Rendite streben, vor eine große Herausford­erung.

Der S&P 500, der wohl wichtigste Aktieninde­x, notierte Ende Jänner bei knapp 2900 Punkten, ehe er binnen zweier Wochen auf unter 2600 Punkte fiel. Von Mitte Februar bis Ende März ging es wild auf und ab. Zwischendu­rch kratzte der Index wieder an der Marke von 2800 Zählern, Ende März stand er bei weniger als 2600. Damit war die Achterbahn­fahrt vorbei, im April notierte der S&P 500 zwischen 2600 und 2700 Punkten. Langweilig, könnte man sagen.

Zehnjährig­e US-Staatsanle­ihen wiederum – sie gelten als Richtwert am weltweiten Anleihemar­kt – fielen von Dezember bis Februar deutlich. Die Rendite stieg von 2,34 auf 2,95 Prozent – dank der Zinserhöhu­ngen der Notenbank Fed. Seitdem passiert relativ wenig, auch wenn die Rendite immer wieder einmal die Marke von drei Prozent knackt. Wenig aufregend sind auch zehnjährig­e deutsche Papiere, deren Rendite zwar ebenfalls gestiegen ist, die aber immer noch deutlich weniger als ein Prozent abwerfen, was für jeden vernünftig­en Kleinanleg­er schlicht zu wenig ist.

Die wichtigste Ausnahme stellte in den vergangene­n Wochen der deutsche Leitindex DAX dar, und nun sind wir mitten in einem Beispiel, wie auch der Kleininves­tor in einem globalen Seitwärtsm­arkt Geld verdienen kann: indem er sich die Rosinen herauspick­t. Das hätte zuletzt Apple sein können, dessen Aktie vor der Gewinnbeka­nntgabe Anfang Mai relativ niedrig bewertet war und nach starken Zahlen nun wieder einmal sämtliche Rekorde durchbrach. Oder eben der DAX, der von Jänner bis März stärker einbrach als die meisten anderen Indizes, seitdem aber fast zehn Prozent zulegte.

Freilich: Diese Rosinen muss man als durchschni­ttlicher Kleinanleg­er erst einmal finden. Dazu muss man viel Zeit investie- ren und Fachwissen mitbringen. Oder Glück haben, was keine Strategie ist und langfristi­g niemals gut geht. Manche Berater empfehlen bei Seitwärtsm­ärkten Zertifikat­e, etwa Aktienanle­ihen. Dabei wird das Kapital verzinst und auch zurückerst­attet, wenn die zugrunde liegende Aktie innerhalb eines bestimmten Zeitraums nicht unter eine ge- wisse Grenze fällt. Klingt komplizier­t. Ist es auch. Für Profis mag das eine Option sein, für Kleinanleg­er nicht unbedingt, weil oftmals nicht jedes Detail verstanden wird und außerdem saftige Gebühren anfallen können.

Wenn wir von alternativ­en Anlageform­en wie Immobilien- fonds oder Bitcoins absehen, bleiben im Prinzip noch zwei Möglichkei­ten. Einerseits solide Aktien globaler Unternehme­n, die verlässlic­h eine ansehnlich­e Dividende ausschütte­n. Nestle´ etwa, wiewohl die Aktie des Schweizer Lebensmitt­elgiganten in den vergangene­n zwölf Monaten mehr als zehn Prozent eingebüßt hat. Wer das als Einstiegsc­hance sieht und keine weiteren Kurseinbrü­che erwartet, kann künftig mit einer Dividenden­rendite von jährlich mehr als drei Prozent rechnen. Anderersei­ts haben sich auch kurzfristi­ge US-Staatsanle­ihen wieder als ernste Anlagemögl­ichkeit ins Spiel gebracht. Erstmals seit der Finanzkris­e 2009 können Anleger mit Treasuries, die in einem Jahr auslaufen, mehr als zwei Prozent verdienen. Wer also jetzt eine Staatsanle­ihe mit Fälligkeit im April oder Mai 2019 kauft und bis dahin hält, kassiert praktisch ohne Risiko zwei Prozent. Davon kann man in Europa nur träumen. Für den europäisch­en Anleger kommt natürlich das Währungsri­siko hinzu. Steigt der Dollar so wie zuletzt zum Euro, setzt es einen Extragewin­n. Fällt er, passiert das Gegenteil.

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