Der Rubel rollt wieder
Russland. Russische Firmen verdienen gutes Geld und locken mit günstigen Bewertungen. Die Kursverluste halten Experten für überzogen.
Der langjährige Russlandregent hat es wieder geschafft: Vor wenigen Tagen wurde Wladimir Putin zum vierten Mal als Präsident vereidigt. Und das kam bei den Anlegern sichtlich gut an, die Moskauer Börse legte prompt zu. Erst vor wenigen Wochen hatten neue USSanktionen noch reichlich Panik auf Russlands Aktienmarkt ausgelöst. Für Experten ist das aber nicht nachvollziehbar.
Schließlich beschränkten sich die Maßnahmen nur auf einige wenige Oligarchen. „Auch rechnen wir aus aktueller Sicht nicht mit neuen Sanktionen“, meint Olga Karakozova, Fondsmanagerin des Danske Invest SICAV Russia Fonds. Der Dankse-Fonds zählt zu den besten Russlandportfolios (siehe Tabelle).
Umso mehr biete der Abverkauf günstige Chancen. Denn die Wirtschaft gewinnt allmählich an Fahrt, während die Inflation auf knapp zwei Prozent gesunken ist. Viele Aktien locken zudem mit hohen Dividendenrenditen, sie liegen im Schnitt bei gut sechs Prozent. Und die Bewertungen sind äußerst günstig, gemessen etwa am Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Das KGV von sechs im Schnitt des russischen Aktienmarktes ist im Vergleich zu jenem der gesamten Schwellenländer (zwölf ) äußerst niedrig.
Freilich, auch der Rubel blieb von den Nachwehen nicht ver- schont und verlor gegenüber dem Dollar an Wert. Ein Umstand, der für Russlands Energiefirmen aber ein denkbar günstiges Umfeld bietet. Denn sie profitieren dann von den Dollareinnahmen aus dem Verkauf von Öl umso mehr, zumal auch der Ölpreis gerade kräftig zulegt.
Lukoil ist denn auch die größte Position im Dankse-Fonds. Beim Staatsunternehmen Gazprom gibt sich Karakozova hingegen etwas vorsichtig. Denn viele Staatsunternehmen haben begonnen, 50 Prozent ihres Nettogewinns als Dividenden auszuschütten, etwa das Flugunternehmen Aeroflot und der Diamentenproduzent Alrosa, in die der Fonds investiert ist.
Bei Gazprom werde es sich auf der Hauptversammlung im Sommer zeigen, ob der Konzern die Ausschüttungsquote ebenfalls erhöht, erklärt Karakozova. Sollte das der Fall sein, könnte es den Aktienkurs beflügeln.
Allerdings besteht Russlands Wirtschaft nicht nur aus Rohstoffen. Deshalb ist im Danske-Fonds die Sektorgewichtung geringer als im allgemeinen Index, dem MSCI Russia Index. Schließlich möchte die Danske-Invest-Expertin auch vom wachsenden Konsum profitieren. Und das auf unterschiedliche Weise.
Viele Einkäufe werden in Russland großteils noch bar bezahlt. Für den Online-Bezahldienst Qiwi eröffnet das lukrative Chancen. Auch den Bankensektor sollte man nicht unterschätzen, vor allem das Geschäft mit Darlehen wächst. „Die Zinsen sinken, damit werden sie leistbarer“, erklärt Karakozova. Und noch entfallen erst fünf Prozent des BIP auf Hypothekardarlehen. Zugleich seien viele Wohnungen in Russland in schlechtem Zustand, „es gibt also reichlich Renovierungsbedarf“.
Davon dürfte etwa die Sberbank profitieren. Tatsächlich spielt der Bankensektor eine wichtige Rolle in den Russland-Portfolios, auch im Parvest Equity Fonds der BNP Paribas Asset Management. Besonderes Augenmerk legt Parvest-Fondsmanager Egor Kiselev zudem auf den Telekomsektor, etwa auf die Aktien des russischen Mobilfunkers Veon. Gazprom sucht man im Parvest-Fonds derzeit hingegen vergebens.
Trotz des Aufholpotenzials müssen Anleger bei einem Russlandinvestment dennoch stets mit größeren Schwankungen rechnen. Geopolitische Spannungen können wieder aufflackern, die nächste Verkaufswelle auslösen und den Rubel erneut belasten.