Warum man noch auf Warren Buffett hört
Aktien. Der drittreichste Mann der Welt liefert sich dieser Tage ein verbales Scharmützel mit Tesla-Gründer Elon Musk. Unterschiedlicher können Investmentstile kaum sein. Überholt ist Buffets Konzept aber noch längst nicht.
Es handelt sich um einen Streit zwischen Investorenlegenden. Der eine, Warren Buffett (87), ist mit einem Vermögen von 86,3 Mrd. Dollar der drittreichste Mann der Welt. Seit Jahrzehnten kauft er über seine Holding Berkshire Hathaway Unternehmen, die er für unterbewertet hält und die mit einem „Burggraben“versehen sind: einem Alleinstellungsmerkmal, das Konkurrenz fernhält. Berkshire hält neben Beteiligungen an Versorgern, Einzelhändlern und Versicherern auch große Anteile an American Express, CocaCola oder der Bank Wells Fargo.
Der andere ist Tesla-Gründer Elon Musk (46). Bei der Hälfte seines Vermögens handelt es sich um Aktien von Tesla, einem ebenso visionären wie chronisch defizitären Elektroautobauer, der zudem bei der Produktion seines Mittelklasse-Wagens Model 3 weit unter Plan liegt. Auf Fünfjahressicht hat die Tesla-Aktie ihren Anlegern ein jährliches Plus von 30 Prozent beschert, gegenüber dem im vergangenen September eingestellten Allzeithoch hat sie jedoch 20 Prozent verloren. Die andere Hälfte von Musks Vermögen steckt in seiner Raumfahrtfirma SpaceX.
„Burggräben sind lahm“, fasste Musk, mit einem Vermögen von 20 Mrd. Dollar im Milliardärsranking von Bloomberg auf Platz 48, kürzlich auf einer Investorenkonferenz seine Investmentstrategie zusammen. Möglicherweise hatte Musk zunächst gar nicht Buffett im Blick, er antwortete lediglich auf die Frage, warum er sein Ladestations-Netzwerk für E-Autos auch Fahrern anderer Marken zur Verfügung stelle. Buffett fühlte sich aber angesprochen. Elon Musk möge einige Dinge auf den Kopf gestellt haben, räumte er ein. In Sachen Süßigkeiten könne er aber nicht mit Berkshires Pralinen-Hersteller „See’s Candy“mithalten.
Musk twitterte, er werde eine Süßigkeiten-Firma gründen und einen Burggraben mit Süßigkeiten anfüllen. Und es könnte sich um „Kryptocandy“handeln. Das war eine Anspielung darauf, dass Buffett die Kryptowährung Bitcoin als „Rattengift zum Quadrat“bezeich- net hatte. „Die Leute kaufen Bitcoin allein in der Hoffnung, dass sie einen anderen finden, der mehr zahlt“, meinte der 87-Jährige. Musk konterte, Burggräben zu mögen, sei eine nette Art auszudrücken, dass man Oligopole mag.
Ob die hohe Bewertung der Tesla-Aktie gerechtfertigt ist, werden die nächsten Jahre zeigen. Buffett beweist indes seit Jahrzehnten, dass er den Markt schlagen kann. Berkshire Hathaway hat in 52 Jahren eine jährliche Rendite von 20 Prozent eingefahren, wie aus Bloomberg-Daten hervorgeht. Zum Vergleich: Der 500 Werte umfassende S&P 500 Total Return Index (inklusive Dividenden) bringt es in diesem Zeitraum auf ein Plus von elf Prozent pro Jahr.
Auch auf 30-Jahressicht ist Buffett besser (16 Prozent jährliche Performance versus elf Prozent). Auf Zehnjahressicht liegt er aller- dings nur noch gleichauf (neun Prozent pro Jahr). Wer vorschnell gedacht hatte, das liege daran, dass Buffett möglicherweise nicht mehr ganz am Puls der Zeit sei, wurde eines Besseren belehrt: Auf Zwölfmonatssicht hat der Investor mit einem Plus von 23 Prozent gegenüber dem Gesamtmarkt (plus 16 Prozent) wieder die Nase vorn. Buffett rät, man solle nur in solide Unternehmen investieren, deren Geschäftsmodell man verstehe. Von Technologieaktien hielt er sich lange fern. Nur in IBM investierte er, was er später als Fehler bezeichnete. Inzwischen hat er sich aus seinem IBM-Engagement weitgehend zurückgezogen und in Apple investiert. Und er räumt Fehler ein. Gegenüber dem „Wall Street Journal“bezeichnete er es als Blödheit („stupidity“), keine Microsoft-Aktien gekauft zu haben, als er noch nicht mit Microsoft-Gründer Bill Gates befreundet war. Nun ginge das nicht mehr, denn wenn die Aktie nach dem Kauf aufgrund guter Ergebnisse stark stiege, könnte das so aussehen, als sei Buffett vorab informiert gewesen.
Es sei auch eine falsche Entscheidung gewesen, nie in Google oder Amazon zu investieren. „Ich glaube, was Amazon-Gründer Jeff Bezos getan hat, war nahe einem Wunder“, gestand Buffett kürzlich auf der jüngsten Investorenkonferenz in Omaha, Nebraska. „Das Problem dabei ist: Wenn ich glaube, irgendetwas wird ein Wunder, dann wette ich nicht darauf.“