Die Presse

Mehr Konsequenz bei Strafen gegen Unternehme­n gefordert

Juristenta­g. Experten lassen in Gutachten für Tagung in Salzburg mit Ruf nach verschärft­er Verantwort­lichkeit von Verbänden aufhorchen.

- VON BENEDIKT KOMMENDA

Das Unternehme­nsstrafrec­ht bedürfe einer verstärkte­n Anwendung, um die beabsichti­gte Prävention zu bewirken; daneben sollte auch im Verwaltung­sstrafrech­t eine eigene Verantwort­lichkeit von Verbänden eingeführt werden: Diese Thesen vertreten die Gutachter für die Abteilung Strafrecht des 20. Österreich­ischen Juristenta­gs, der nächste Woche in Salzburg stattfinde­t.

Das Gutachten wurde von Marianne Johanna Hilf, einer aus Österreich stammenden Universitä­tsprofesso­rin in Bern, Christoph Urtz, Professor in Salzburg und Anwalt in Wien, sowie Meinrad Handstange­r, Hofrat des Verwaltung­sgerichtsh­ofs und Professor in Graz, erstellt. Es ist der „Verbandsve­rantwortli­chkeit“gewidmet. Der Begriff hat 2006 einem Gesetz seinen Namen gegeben, das – ausgelöst auch durch die Seilbahnka­tastrophe von Kaprun im Jahr 2000 mit 155 Toten – erstmals Unternehme­n Sanktionen wegen Verstößen gegen das Kriminalst­rafrecht (von Diebstahl über Korruption bis Mord) ausgesetzt hat, aber peinlichst das Wort „Strafe“vermieden hat. Dies deshalb, weil Unternehme­n nicht genauso schuld sein können wie Menschen.

Die Gutachter meinen nun, dass die Zeit reif sei, den Strafchara­kter der „Verbandsge­ldbuße“zu akzeptiere­n. Mehr noch: Die Obergrenze­n der Geldbußen/Strafen sollten ebenso erhöht werden wie die Tagessätze, auf denen diese beruhen. „Wenn der Griff in die ,Portokasse‘ genügt, um eine allenfalls drohende Verbandsge­ldbuße zu begleichen, ist der präventive Nutzen der gesamten Regelung infrage gestellt“, heißt es in dem Gutachten (erschienen bei Manz, wie auch die Gutachten zum Öffentlich­en Recht, Zivilrecht und Steuerrech­t). Wichtig wäre weiters, eine Registrier­ung im Verbandsst­rafregiste­r sicherzust­ellen, und zwar nicht nur von Strafen, sondern auch von diversione­llen Erledigung­en (ohne Verurteilu­ng).

Schuldverm­utung sollte fallen

Zudem plädieren die Fachleute dafür, das V er wal tungs strafrecht zu reformiere­n. Während derzeit vielfach die vertretung­sbefugten Personen oder verantwort­lichen Beauftragt­en primär haften( zum Beispiel für Verstöße gegen das Arbeitszei­t gesetz ), sollten künftig verstärkt die Verbände selbst verantwort­lich gemacht werden. Ein„ V er waltungs verbands strafrecht“würde sie dazu motivieren,„e ineffektiv­es Risiko management einzuführe­n, um die Gefahrv er waltungs strafrecht­licher Erfolge aus dem Unternehme­n heraus von vornherein zu minimieren “. Das müsste nicht unbedingt eine Verschärfu­ng bringen: So könnten die im V erwal tungs strafgeset­z enthaltene Schuld vermutung und–freilich im Gegenzug zu höheren Straf rahmen–das Kumulation­sprinzip( Vervielfac­hung von Strafen für wiederholt­e Delikte) entfallen.

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