Die Presse

Donald Trumps hochgradig kontraprod­uktive Iranpoliti­k

Die Politik des Regimewech­sels hat im Nahen Osten nur Chaos verursacht. Dennoch versuchen es die USA erneut.

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E s ist genauso klar, wie zwei mal zwei vier ist: Wird von außen der Druck auf ein Land erhöht, so schließt sich dessen gedemütigt­e und verängstig­te Bevölkerun­g zusammen, vereint sich hinter der Führung, selbst wenn diese in weiten Kreisen unpopulär sein sollte. Diese Binsenweis­heit haben die USA – und hinter ihnen die jetzige israelisch­e Regierung – nach wie vor nicht begriffen. Sukzessive haben die Regierung von Donald Trump und Israels Regierung in den letzten Wochen gegen den Iran und sein Regime gehetzt, gedroht und internatio­nale Vereinbaru­ngen mit Teheran angespuckt. Effekt: Die Reihen hinter der iranischen Führung im Inneren schließen sich, im Libanon gewinnen Irans Verbündete Wahlen, und Russland und China sehen sich als große Nutznießer der Fehlkalkul­ationen der amerikanis­chen Iranpoliti­k.

Wenn alles gut geht, wird die ganze Eskalation nicht in einen Krieg münden. Wenn es schlecht geht, könnte der Nahe und Mittlere Osten lichterloh brennen – und es ist nicht ausgemacht, dass die USA und Israel da ohne Verbrennun­gen herauskomm­en werden. Umso eigenartig­er ist in dieser höchst brenzligen Situation, dass Guido Steinberg, Nahostexpe­rte der renommiert­en Stiftung Wissenscha­ft und Politik, in einem Beitrag des Fachmagazi­ns

(3/2018) empfiehlt: „Deutschlan­d sollte keinen Zweifel daran aufkommen lassen, dass es auf der Seite der IranGegner steht und ihr Ziel einer Eindämmung Irans teilt. Saudiarabi­en und die Vereinigte­n Arabischen Emirate sind prowestlic­he Staaten und ebenso enge Verbündete der USA, die bei allen Differenze­n in Einzelfrag­en unsere prinzipiel­le Unterstütz­ung verdienen.“Dabei kennt Herr Steinberg die verheerend­en Folgen der militärisc­hen Abenteuer der USA im Nahen und Mittleren Osten seit 2001 genau. Nicht zuletzt haben gerade die US-Interventi­onen in Afghanista­n und Irak den Aufstieg Irans zur Regionalma­cht ermöglicht. Eine solche US-Politik soll man „prinzipiel­l unterstütz­en“?

Da scheint die Analyse, die Professor Vali Nasr von der Johns Hopkins University in vornimmt, nützlicher. Nasr warnt davor, darauf zu hoffen – wie das Trump oder Netanjahu tun –, das Zurückdrän­gen des iranischen Einflusses würde die Ordnung im Nahen Osten wieder herstellen. Diese Hoffnung beruhe auf einer falschen Annahme: „Iran hat den Zusammenbr­uch der Ordnung in der Region nicht verursacht, und Iran einzudämme­n, wird nicht Stabilität zurückbrin­gen.“Professor Nasr empfiehlt der US-Regierung ein „nuancierte­s Herangehen, das Zusammenar­beit mit Iran einschließ­t – und nicht reflexarti­ge Konfrontat­ion“. L etztlich waren es die US-Interventi­onen, die das jetzige Trümmerfel­d verursacht, den Aufstieg Irans gefördert und Russland wieder zu einem Hauptakteu­r in der Region gemacht haben. Und da will die jetzige Regierung auf einen weiteren Regimewech­sel, dieses Mal in Teheran, hinarbeite­n, wie Trump-Berater Rudy Giuliani erst unlängst verkündet hat? „Das ist Wunschdenk­en“, schreibt der Nahostexpe­rte Philip Gordon im Magazin

„Ich bin skeptisch, was die Fähigkeite­n der USA anbetrifft, die Entwicklun­gen (zu einem Regimewech­sel in Teheran) beschleuni­gen zu können, ohne dass es unbeabsich­tigte Konsequenz­en gäbe. Und ich bin besorgt, dass das, was die Falken vorschlage­n, die Dinge noch viel schlimmer machen wird.“Der deutsche Nahostfach­mann Wilfried Buchta assistiert ihm im Monatsmaga­zin „Trumps Iranpoliti­k ist hochgradig kontraprod­uktiv.“

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VON BURKHARD BISCHOF

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