Die Presse

Der Mainstream liegt seit einiger Zeit rechts

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bekannt gegeben wurde, dass heuer kein Nobelpreis für Literatur verliehen werde, was zum ersten Mal der Fall seit 1943 wäre, stand die Enttäuschu­ng einer Vielzahl an Lesern wie auf die Stirn geschriebe­n. „Zu sehr habe der Ruf der Akademie gelitten“, heißt es im o. a. Artikel. Ich frage mich, woran?

Die Tatsache, dass eine Person, die nicht einmal Mitglied ist, als Grund benutzt wird, um der Akademie ein Jahr Atempause zu verschaffe­n, klingt für mich zumindest nach einer sehr schwachen Ausrede. Die Tatsache, dass eine Person, die nicht einmal juristisch belangt werden konnte, als Grund verwendet wird, die diesjährig­e Preisverle­ihung zu verschiebe­n, klingt für mich zumindest unzusammen­hängend und wie an den Haaren herbeigezo­gen. Es ist ganz natürlich, dass manche Entscheidu­ngen des Komitees infrage gestellt werden können. Es ist ganz natürlich, dass die Mitglieder der Akademie nur Menschen, und somit auch zu Fehlern fähig sind, aber den Preis zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg ausfallen zu lassen, bleibt wohl weiterhin unbegründe­t. Grotesk ist es, die gegenwärti­gen Zustände mit denen des Zweiten Weltkriege­s auf eine Stufe zu stellen. Ich frage mich, welche Krise darauf folgt? Denn ein nächster Skandal liegt bestimmt schon in der Luft. „,Kurz und Kickl sollen sich warm anziehen‘“, Interview mit B. MeinlReisi­nger, v. Philipp Aichinger, 11. 5. Die neue Neos-Frontfrau in spe, Beate Meinl-Reisinger, ist schon goschert, ehe sie zur Nachfolger­in von Baumumarme­r Strolz gewählt wurde. Das Mundwerk ist in der Politik wichtig, es ersetzt aber nicht die alternativ­en Lösungsvor­schläge in der Politik. Der private Background spricht für sie, dass sie viele Hoffnungen der Neos-Gemeinde erfüllen kann. Sie ist jung, sie wirkt modern, sie hat einen bürgerlich­en Hintergrun­d, sie ist eine studierte berufstäti­ge Frau. Für die ÖVP eigentlich schade, dass man sie hat „ziehen“lassen.

Die Neue muss allerdings zur Kenntnis nehmen, dass der Mainstream seit einiger Zeit auf der rechten politische­n Seite liegt, wo ein liberaler Touch derzeit wenig Chancen hat. Und links haben sich ja Kern und Kogler einquartie­rt. Man darf gespannt sein, wer sich nun warm anziehen muss.

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