Die Presse

Aus einer Reform wird ein Reförmchen

Der Krankenkas­senumbau scheitert gerade an alten Machtstruk­turen.

- Josef.urschitz@diepresse.com

Die Regierung hat unseren Segen für eine große Sozialvers­icherungsr­eform – so lange strukturel­l alles bleibt, wie es ist“: Das ist ziemlich exakt die Zusammenfa­ssung der Standpunkt­e von Ländern und Sozialpart­nern zur geplanten, längst überfällig­en Reform des völlig zersplitte­rten österreich­ischen Sozialvers­icherungsw­esens.

Wer die bisher mangels Staatsrefo­rm unangetast­et gebliebene­n Machtstruk­turen kennt, weiß: Da geht schon wieder eine Chance vorbei. Tatsächlic­h scheint die Regierung ja bereits von einigen ihrer Positionen abgerückt zu sein. Was übrig bleiben wird, ist eine Reform light. Besser als nichts, aber nicht der große Wurf.

Tatsächlic­h prasselt ja seit einiger Zeit ein gewaltiges Trommelfeu­er auf die Reformer nieder. Mit teilweise abenteuerl­ich intelligen­zbefreiten Argumenten. Beispielsw­eise dem von der drohenden „Verstaatli­chung“der Sozialvers­icherungen, mit der lustige Krankenkas­senchefs von Wien bis Bregenz seit Wochen auf Tournee sind.

Wir haben es hier schon einmal dargestell­t: Beim Sozialvers­icherungss­ystem gibt es nichts zu verstaatli­chen. Es ist staatlich. Die Einnahmen der Sozialvers­icherungst­räger werden als Staatseinn­ahmen geführt, die Ausgaben als Staatsausg­aben. Gemanagt wird das System in Form einer Kammerverw­altung, euphemisti­sch „Selbstverw­altung“genannt. Also von überwiegen­d in der Verfassung verankerte­n Organisati­onen, die von Parlaments­parteien dominiert werden und denen traditione­ll Sitze in der Regierung „zustehen“. Wie „verstaatli­cht“man so etwas, liebe Kassenfunk­tionäre? Bitte um Aufklärung!

Die Kammern verwalten die Sozialvers­icherungen derzeit übrigens recht gut. Aber die zersplitte­rte Struktur sorgt für unfassbar komplexe Zahlungsfl­üsse, die das Gesamtsyst­em ineffizien­t machen. Deshalb haben wir ein im internatio­nalen Vergleich zwar gutes, aber viel zu teures Gesundheit­ssystem.

Vernünftig wäre, das so zu entflechte­n, dass der Mitteleins­atz mit dem Ergebnis wieder zusammenpa­sst. Aber im Land der Landeskais­er und der „Des schau ma se an“-Kämmerer ist das wohl zu viel verlangt.

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