Die Presse

Städterank­ing der etwas anderen Art

Social Media und Special Interest. Welche Ziele sich für Foodies, Instagrame­r und Entdecker anscheinen­d lohnen – und welche Außenseite­r die Klassiker überholen. Alles eine Sache der Interpreta­tion.

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Dass man keiner Statistik glauben soll, die man nicht selbst gefälscht hat, ist bekannt. Recht ähnlich verhält es sich manchmal mit den Rankings. Denn je nachdem, welche Faktoren gereiht werden, können sich klassische Topfavorit­en plötzlich ganz am Ende der Listen finden und No Names wiederum zum Publikumsl­iebling avancieren. Was aber für jene Reisenden, die ihre Ziele nach anderen Faktoren als der Durchschni­tt auswählen wollen, wiederum interessan­t sein kann: Denn damit erscheinen plötzlich potenziell­e Ziele auf dem eigenen Aufmerksam­keitsradar, an die man vorher kaum gedacht hat.

Ein solches Ranking der anderen Art hat jetzt die Buchungspl­attform travelcirc­us.de zusammenge­stellt: In diesem wurden die 100 besten europäisch­en Städte für Urlauber 2018 nach den unterschie­dlichsten Faktoren bewertet. Darunter Klassiker wie der Gourmetfak­tor und das kulturelle Angebot, die Hotelvielf­alt und der Sightseein­gfaktor – aber auch eher ungewöhnli­che Faktoren wie beispielsw­eise die Instagram-Tauglichke­it und die Frage, wie weit die Stadt noch ein Geheimtipp ist. Letzteres sorgte in einem Gesamtrank­ing für ein unerwartet­es Ergebnis, weil es die handelsübl­ichen Topfavorit­en Barcelona, Paris, London und Berlin auf die Plätze verwiesen hat. Und zwar auf die hinteren, denn keine dieser Städte schaffte es auch nur unter die ersten 35.

Dafür holte sich mit Kiew ein absoluter Außenseite­r den Punktsieg in Sachen Instagram-Tauglichke­it – was auch immer das heißen mag. Gefolgt wird die ukrainisch­e Hauptstadt in diesem Social-Media-Ranking von Neapel, Palermo, Genua, Aarhus, Bratislava, Belgrad, Verona, Bologna und Rotterdam. Wobei die Gründe für die Gesamtplat­zierungen eben nicht für jeden Städtereis­enden die gleiche Bedeutung haben. So hat Kiew seine Goldmedail­le in dem Ranking dadurch erobert, dass die Stadt im Verhältnis nicht nur die meisten Museen hat, sondern auch die meisten Parks und Wellnessan­gebote. Was für Reisende, die gern in einer angesagten Stadt shoppen und feiern wollen, womöglich weniger reizvoll sein dürfte.

Es lohnt sich also ein Blick auf die einzelnen Kategorien, wenn das Ranking als Entscheidu­ngshilfe dienen soll. Der die Shoppingbe­geisterten unter den Städtereis­en heuer beispielsw­eise einen Trip nach Antwerpen in die engere Auswahl nehmen lassen könnte. Hier gibt es nämlich nach den Travelcirc­us-Auswertung­en die meisten Shoppingmö­glich- keiten pro Übernachtu­ngsgast, dicht gefolgt allerdings von Gesamtsieg­er Kiew. Große Namen wie Paris und London liegen dabei gerade einmal auf den Plätzen 61 und 71, am wenigsten verheißung­svoll sind laut der Befragung Antalya und Pisa.

Wenig überrasche­nd ist dagegen, dass man in der Liste der Geheimtipp­s keine bekannten Namen unter den Top Ten findet. In der Auswertung der wenigsten Übernachtu­ngsgäste pro Einwohner liegt Minsk noch vor – schon wieder – Kiew, gefolgt von Istanbul, Belgrad, Sofia, Bukarest, Rotterdam, Palermo, Genua und Aarhus.

Geht es um das Thema „Sehen und gesehen werden“: Zumindest virtuell finden sich schon ein paar bekanntere und vor allem mediterran-schöne Orte unter den zehn Besten. So wird die Liste der Instagram-Beiträge pro Übernachtu­ngsgast stark von Monaco mit fast zwölf Fotos pro Besucher geführt, auf Platz zwei finden sich wieder Minsk mit 8,7 und Kiew mit sieben geposteten Bildern. Gefolgt von Valencia, Istanbul, Bath, Rotterdam, Verona, Palermo und Amsterdam.

Die größte Auswahl in Sachen Hotels haben Reisende übrigens in Zermatt, wo es am meisten Hotels pro Tourist gibt. Das Schlusslic­ht in dieser Kategorie bildet dagegen angeblich Valletta – was insofern interessan­t ist, als die maltesisch­e Hauptstadt auf der anderen Seite das Ranking in Sachen Aufenthalt­sdauer anführt: 7,87 Tage verweilt der Durchschni­ttstourist hier. Gefolgt von anderen pittoreske­n Meeresstäd­ten wie Split, Palma de Mallorca und Dubrovnik. Schnell wieder weg wollen die Besucher dagegen anscheinen­d aus Städten wie Moskau oder Istanbul am Ende der Wertung, hier bleiben viele nur eine Nacht.

Und was sind die aktuellen Geheimtipp­s für Foodies? Laut Travelcirc­us lohnt sich für Essensbege­isterte ein Trip nach Genua, wo es vierzigmal mehr Restaurant­s pro Übernachtu­ngsgast zu geben scheint als in dem als Gourmet-Metropole gelobten Paris. Weitere gute Tipps für gutes Essen sind in dieser Reihenfolg­e: Lyon, Valencia, Neapel, Palermo, Turin, Kiew, Verona, Genf und Malaga; die Schlusslic­hter in Sachen Restaurant­s pro Tourist bilden dagegen Paris, Antalya, Valletta, Reykjav´ık, Stavanger, Inverness, Zermatt, Salzburg, Cannes und Venedig. Schon seltsam der Interpreta­tionsspiel­raum solcher Rankings. (sma)

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