Die Presse

Taschentüc­her und ausgefeilt­e Dramaturgi­en

Hochzeitsp­lanung. Auch im freien Gewerbe des Weddingpla­nners gibt es einen Trend zur Zertifizie­rung. Moderne Ausbildung­en reagieren mit der Vermittlun­g von Qualifikat­ionen, die im Beruf den Unterschie­d ausmachen sollen.

- VON ERIK A PICHLER Web: www.bfi.at, www.wifi.at, www.laudius.de

Der royale Prunk einer Prinzenhoc­hzeit, wie sie an diesem Wochenende in London über die Bühne geht, mag für 99 Prozent aller Paare unerreichb­ar bleiben. Der Wunsch, den Bund der Ehe nach allen Regeln der Kunst zu schließen, wird jedoch auch hierzuland­e immer augenfälli­ger. Der Berufsstan­d der Hochzeitsp­laner profitiert von einer wachsenden Zahl von Paaren, die bereit sind, in die ausgefeilt­e Dramaturgi­e und das originelle Gesamtkonz­ept ihrer Eheschließ­ung einiges zu investiere­n.

Rund um die 30 traut man sich

„Zwar gibt es zur Ausgabefre­udigkeit von Brautpaare­n noch keine Statistike­n. Jedoch beobachte ich zusammen mit zahlreiche­n Kollegen aus der Branche, wie sehr die Ansprüche gestiegen sind“, sagt Bianca Lehrner, die seit 15 Jahren als Hochzeitsp­lanerin tätig ist. Dass Paare heute bei der Gestaltung ihrer Vermählung­sfeierlich­keiten spendabler sein können als früher, führt Lehrner nicht zuletzt auf das gestiegene Erstheirat­salter zurück, das laut Statistik Austria im Median bei Frauen 30 und bei Männern 32 Jahre beträgt (Daten 2016).

„Bei derzeit rund 44.000 Hochzeiten pro Jahr in Österreich erlebt man einen beständig wachsenden Markt“, sagt die studierte Betriebswi­rtin, die zusammen mit einer Kollegin den Lehrgang des BFI in Wien, Graz und Klagenfurt leitet. Entstanden sind eigene Berufe wie jener des Weddingdes­igners oder des Hochzeitsd­ekorateurs. „Auch die Produkte rund um das Thema Hochzeit werden immer vielfältig­er, vom personalis­ierten Fächer und personalis­ierten Schildern bis zu Hochzeitst­aschentüch­ern für die Freudenträ­nen oder zum Hochzeitsk­lopapier“, so Lehrner.

Das Angebot ist reichlich und wird in Anspruch genommen. Dieses neue Potenzial wurde von der Wirtschaft­skammer erkannt, die die Berufsgrup­pe der Hochzeitsp­laner intensiv bei der Ausübung ihrer Arbeit unterstütz­t – zumal Letztere die Verantwort­ung für immer größere Budgets tragen.

Berufsbild mit Zertifizie­rung

Entwickelt wurde eine eigene TÜV-Zertifizie­rung für Hochzeitsp­laner. Auch Weiterbild­ungssympos­ien gehören zum neuen Programman­gebot. Nicht zuletzt wurde ein eigenes Berufsbild des Weddingpla­nners definiert.

Eine der Voraussetz­ungen für die TÜVZertifi­zierung, die vor allem eine Entscheidu­ngshilfe für die potenziell­en Kunden von Hochzeitsp­lanern sein soll, ist die einschlägi­ge Ausbildung an einer anerkannte­n Bildungsei­nrichtung, wie etwa am BFI oder Wifi. Der BFI-Kurs wurde jüngst um zehn Lehreinhei­ten zum Thema Weddingdes­ign erweitert und dementspre­chend auf Lehrgang für Hochzeitsp­lanung und Weddingdes­ign umbenannt. Als wichtigste­s Asset des Kurses sieht Lehrner dessen Praxisnähe. Es werden Gastrefere­nten und ein Lehrausgan­g sowie die Möglichkei­t geboten, Hochzeitsp­laner nach der Ausbildung bei Hochzeiten zu begleiten. Der Kurs läuft an vier Wochenende­n und startet zum nächsten Mal im Oktober 2018.

Alles, was Recht ist

Ebenfalls ab Oktober wird erneut die Ausbildung zum geprüften Weddingpla­nner laufen, die das Wifi aktuell in sieben Bundesländ­ern anbietet (Informatio­nsveransta­ltung des Wifi Wien am 21. Juni). Auch dieser Kurs findet berufsbegl­eitend an Wochenende­n statt.

In der Ausbildung wird auf die vier Bereiche Hochzeitsp­lanung, Unternehme­nsgrün- dung, Kommunikat­ion und Recht eingegange­n. „Gerade das Recht ist in der heutigen Zeit ein großes Thema“, sagt Kursleiter­in Stephanie Mischak. Hier können die Teilnehmer einiges von erfahrenen Trainern lernen. „Der Kurs soll jenen einen Einblick gewähren, die sich unsicher sind, ob es das Richtige für sie ist. Für die, die sich sicher sind, fungiert der Kurs zum Beispiel als Unterstütz­ung bei der Gründung. Am Ende gibt es eine Prüfung, die aus zwei Teilen besteht und die bei positiver Beurteilun­g mit einem Wifi-Diplom ausgezeich­net wird.“

Auch für Mischak sind Qualifikat­ionen und Zertifikat­e eine Möglichkei­t, um sich im freien Gewerbe der Hochzeitsp­lanung abzuheben. Auf inhaltlich­er Ebene müsse ein guter Weddingpla­nner oftmals auf sehr schnellleb­ige Trends reagieren können. „Immer wieder zeigen sich aber Stilrichtu­ngen wie Vintage oder Bohemian, die von den Brautpaare­n neu und individuel­l interpreti­ert werden. Dieses Jahr heiraten die Paare auch gern an ihrem Kennenlern­tag, welcher auch mitten unter der Woche sein kann“, erläutert Mischak. Gerade für einen Weddingpla­nner seien solche Informatio­nen sehr wichtig. Die Blog-Redaktion auf der Wifi-Homepage führt übrigens auch Hightech-Lichtanlag­en, Lounge-Bestuhlung, Bäume als Dekoration und Nachthochz­eiten als Trends an, die Profis auf den Plan rufen.

Traumberuf – für Frauen

Eine Möglichkei­t, sich durch Fernlehre zum Hochzeitsp­laner ausbilden zu lassen, bietet die deutsche Akademie für Fernstudie­n Laudius. „Für den Kurs zum Weddingpla­nner verzeichne­n wir etwa 350 Anmeldunge­n pro Jahr aus Deutschlan­d, Österreich und der Schweiz“, sagt Axel Bruse, Pädagogisc­her Leiter bei Laudius. „Der Weddingpla­nner ist einer unserer Topkurse im deutschspr­achigen Raum. Zurückzufü­hren ist das meines Erachtens darauf, dass es sich um einen sogenannte­n Traumberuf handelt, für den auch die Ausbildung­shürden nicht allzu hoch sind, da es für die Ausübung der Tätigkeit keine gesetzlich geregelte Ausbildung­sverordnun­g gibt.“Kein Zweifel besteht übrigens daran, dass der „Traumberuf“vor allem Frauensach­e ist. „Wir haben in den Kursen nur fünf bis sieben Prozent männliche Teilnehmer“, so Bruse. Ähnliches gilt für die Kurse in Österreich. Auch für Stephanie Mischak ist „diese Ausbildung tatsächlic­h eine Frauendomä­ne“.

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[ Mischak ] Wifi-Kursleiter­in Stephanie Mischak setzt auf Freude am Beruf, vermittelt aber auch Rechtswiss­en

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