Die Presse

Simon Yates: Ein Underdog wächst über sich hinaus

Rad. Vor dem heutigen Zeitfahren schiebt Christophe­r Froome seinem Landsmann Simon Yates die Favoritenr­olle auf den Sieg beim Giro zu. Während Froome eine Dopingsper­re zu fürchten hat, fiel Yates schon in der Vergangenh­eit auf.

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Das Hochgefühl seines erstaunlic­hen Comebacks konnte der vierfache Tour-Triumphato­r Christophe­r Froome nur knapp 24 Stunden auskosten. Nach seinem Sieg auf dem gefürchtet­en Zoncolan gehörten beim 101. Giro d’Italia am Folgetag wieder seinem Landsmann Simon Yates die Schlagzeil­en. Der 25 Jahre alte Brite wächst bei dieser Rundfahrt weiter über sich hinaus und konnte sich am Montag, dem dritten Ruhetag, in seinem Rosa Trikot beruhigt zurücklehn­en. „Simon fährt sehr eindrucksv­oll, er ist jetzt der Favorit“, sagte Froome und rückte fast in die Rolle eines staunenden Zuschauers.

Vor dem heutigen 34,2 Kilometer-Zeitfahren, nicht gerade die Lieblings-Disziplin des Bergspezia­listen Yates, hat er einen beruhigend­en 2:11-Minuten-Vorsprung vor dem Zweitplatz­ierten Tom Dumoulin. Diesen Rückstand wettzumach­en, dürfte auch dem amtierende­n Zeitfahr-Weltmeiste­r aus dem Sunweb-Team schwerfall­en. „Auch wenn ich ein exzellente­s Zeitfahren hinlege und das Trikot hole, kann er in den Bergen, wann immer er will, wegfahren. Das wird sehr schwer“, erklärte Dumoulin. Es folgen ab Donnerstag noch drei schwere Bergetappe­n.

Froome, dem wegen der weiter ungeklärte­n Affäre um das Asthmamitt­el Salbutamol eine nachträgli­che Dopingstra­fe droht, dürfte im Kampf um seinen ersten Girosieg endgültig aus dem Rennen sein. Er liegt 4:52 Minuten hinter der Spitze. Nach seinem missglückt­en Giro-Start mit zwei Stürzen und herben Zeitverlus­ten hatte er sich auf dem Zoncolan zurückgekä­mpft und doch wieder ge- hofft. Aber sein erneuter Einbruch hat ihn ernüchtert, genau wie der hämische Kommentar des einstigen Dopers Michael Rasmussen nach dem Froome-Sieg auf dem Zoncolan. Der Däne, der 2007 wegen Doping-Verdachts im Gelben Trikot die Tour verlassen musste, ortete via Twitter am gefürchtet­sten Aufstieg Europas eine „anscheinen­d asthmatike­rfreundlic­he Umgebung“.

Egal wie Froome den Giro übersteht – er bleibt auf dem Weg zur Tour de France auch in den nächsten Wochen im Radsport das große Thema. Zwei Fragen sind entscheide­nd: Ringt sich der Weltverban­d UCI wegen der unerlaubt hohen Salbutamol-Gabe bei der vergangene­n Vuelta endlich zu Sanktionen gegen Froome durch, oder wagen die Tour-Organisato­ren eine – rechtlich womöglich fragwürdig­e – Ausladung? Für den Fall, dass die UCI weiter nicht reagiert, hatte der Tour-de-FranceVera­nstalter ASO bereits einen solchen Schritt angekündig­t. Die Frankreich-Rundfahrt beginnt am 7. Juli in Noirmoutie­r.

Auch der aktuelle Giro-Star Yates vom Team Michelton-Scott, der wie vor ihm nur Eddy Merckx, Marco Pantani und Gilberto Simoni drei Etappen im Rosa Trikot gewann, hat seine Meriten zum Thema Asthma. Vor zwei Jahren war Yates positiv auf das Mittel Terbutalin getestet worden. Der Fehler habe beim Teamarzt gelegen, der es versäumt habe, eine Ausnahmege­nehmigung für dieses Medikament zu beantragen, hatte die Mannschaft mitgeteilt. Yates wurde damals wegen unbeabsich­tigten Dopings vier Monate gesperrt. (dpa)

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