Deutsche Bank tanzt auf dem Vulkan
Der neue Chef der Deutschen Bank, Christian Sewing, wird am Donnerstag Rede und Antwort stehen müssen. Bei der Hauptversammlung steht die Kostenreduktion im Zentrum.
Es wird – so viel ist sicher – eine der wichtigsten Reden in Christian Sewings bisherigem Berufsleben. Wenn der noch keine zwei Monate amtierende neue Vorstandschef der Deutschen Bank am Donnerstag vor die Aktionäre tritt, dann muss jedes Wort sitzen und die leidgeprüften Anteilseigner überzeugen.
Die groben Linien seiner Strategie – Konzentration auf Deutschland und Europa, weniger riskantes Investmentbanking, mehr klassisches Privat- und Firmenkundengeschäft – hat der Manager schon vor einem Monat benannt. Nun wollen alle genauer wissen, wohin die Reise ihrer einst so stolzen Bank nach drei Verlustjahren in Folge gehen soll.
Bleibt Sewing zu viele Antworten schuldig, könnte es mit den Vorschusslorbeeren, die der 48Jährige in den zurückliegenden Wochen bekommen hat, schnell vorbei sein. Für Klaus Nieding, der wie immer im Frühjahr für die Aktionärsvereinigung DSW von Hauptversammlung zu Hauptversammlung zieht und die Interessen der Kleinaktionäre vertritt, ist Sewing der richtige Mann nach dem glücklosen, weil oft zu zögerlichen Briten John Cryan: „Aber die Suche nach externen Kandidaten hat ihn (Sewing; Anm.) schon von Beginn an geschwächt“, kriti- siert Nieding. Womit wir bei der zweiten Hauptperson des Schauspiels wären: Paul Achleitner.
Für den seit 2012 amtierenden ExVorstand der Allianz und ehemaligen Investmentbanker in Diensten von Goldman Sachs wird die Hauptversammlung – wieder einmal – zum Tanz auf dem Vulkan. Viele Aktionäre werfen Achleitner vor, er habe den Wechsel an der Spitze schlecht orchestriert, mit Sewing nur den am einfachsten verfügbaren – weil internen – Kandidaten ausgewählt und in den vergangenen Jahren überhaupt wenig Geschick bei der Auswahl des Spitzenpersonals bewiesen. Dass es bei der Hauptversammlung zu einem abermaligen Scherbengericht kommen wird, scheint klar. Für eine Aktionärsrevolte, die Achleitner vier Jahre vor Ende seiner zweiten Amtszeit zum Rückzug zwingt, dürfte das allerdings nicht reichen.
Denn die Großaktionäre, das Emirat Katar, der chinesische Mischkonzern HNA und die Fondsgesellschaft Blackrock, wollen nach dem hastigen Chefwechsel im April unbedingt Ruhe. Und der einflussreiche Aktionärsberater ISS, nach dessen Empfehlun- gen sich viele große Investoren richten, hat dem angeschlagenen Achleitner erst vor ein paar Tagen sogar den Rücken gestärkt.
So kurz nach dem Wechsel des Vorstandschefs wäre eine Wachablöse an der Spitze des Aufsichtsrats gefährlich für die Stabilität des Geldhauses, argumentiert ISS. Einen Freibrief bekommt Achleitner allerdings nicht: Sollten die Aktionäre der Meinung sein, dass der 61-Jährige nicht mehr der richtige Mann sei, um das Kontrollgremium zu führen, müssten sie eine konkrete Alternative benennen, erklärte der Stimmrechtsberater.
Bleibt noch das wahrscheinlich größte Ärgernis für die Anleger neben den elf Cent Dividende: der Aktienkurs. Elf Euro ist das Papier an der Börse gerade noch wert, der Sicherheitsabstand zum Allzeittief bei unter zehn Euro im Herbst 2016 ist zuletzt wieder geschmolzen.
Glaubt man den Analysten der britischen Großbank Barclays, ist das noch lang nicht das Ende der Fahnenstange. Auf gerade einmal acht Euro taxierten sie ihr Kursziel unlängst und brachten die Aktie damit gehörig unter Druck. Begründung: weitere Marktanteilsverluste durch den Umbau der Investmentbank und eben die enormen Kosten. (Reuters)