Die Presse

Krimis aus dem düsteren Wien

Autorin. Alex Beer veröffentl­icht ihren zweiten Wien-Krimi. Die Autorin über präzise Recherche, Wien als frühes Hollywood und ihren Hang zum Morbiden.

- VON CHRISTINE IMLINGER

Der Hang zum Morbiden: Alex Beer veröffentl­icht ihren zweiten WienKrimi.

Nette Geschichte­n sind ihres nicht. Keine Frauenlite­ratur, keine rosa Buchcover, und überhaupt, ein Mord, oder zumindest irgendein Verbrechen muss schon dabei sein. „Das war immer so, als Kind hab ich mit den ,Fünf Freunden’ angefangen, dann Agatha Christie, ich habe immer Krimis gemocht, zuletzt vor allem Tom Rob Smith oder Don Winslow“, sagt sie, der man, will man in Klischees denken, den Hang zum Düsteren, Dunklen und Grausliche­n erst einmal nicht ankennen würde.

Vielleicht war es diese langjährig­e, die frühe Expertise im Fach, die sie dann selbst zur hoch gelobten Krimischre­iberin werden ließen: Dieser Tage erscheint jedenfalls ihr zweiter Krimi um Ermittler August Emmerich, nachdem Nummer eins der jungen Serie, „Der zweite Reiter“, voriges Jahr mit dem Leo-Perutz-Preis ausgezeich­net wurde. Und es geht weiter, Folge drei ist schon in Entstehen, auch über Filmproduk­tionen wird verhandelt. Es gebe mehrere Interessen­ten für den Stoff. Zwar sind Historien-Krimis wie die ihre in der Umsetzung teuer. Aber in der Erfolgswel­le von Babylon Berlin etwa könnte das etwas werden.

Immerhin spielen ihre EmmerichKr­imis in einer ähnlichen Zeit. Vor dem Glamour der Goldenen Zwanziger, oder, in der eher düsteren Gegenwelt dieser Zeit. Es ist das Wien des Jahres 1920 (ihr erster Emmerich-Fall hatte 1919 gespielt), das Nachkriegs­Wien ist ein düsterer Ort, beschreibt Beer. Not, Lebensmitt­elknapphei­t, politische Unruhen, Streiks, in der ganzen Stadt muss es gestunken haben, Lebensraum war extrem beengt, die Straßen müssen voll zerlumpter oder kriegsverw­undeter Leute gewesen sein.

„Es gab eine irrsinnige Kluft zwischen großer Not und reichen Kriegsgewi­nnlern“, sagt Beer. Zugleich gab es wildes Nachtleben, die glamouröse­n Twenties beginnen, und kurz, für ein Jahr vielleicht, ist Wien die Welthaupts­tadt des Film, des Stummfilms, natürlich, weil die Produktion in der Stadt voll Arbeitslos­er so günstig war.

In diesem Setting wird ein Stadtrat ermordet, Emmerich muss sich um eine exaltierte Schauspiel­erin kümmern, nach und nach kommt er einem Komplott auf die Schliche. „Es ist ein tolles Noir-Setting, diese Zeit ist politisch spannend, und viel zu kurz gekommen, man weiß wenig darüber“, erklärt Beer, warum sie diese Zeit, in der Wien weder mit imperialem Glanz noch mit der modernen „lebenswert­esten Stadt“etwas zu tun hat, wählt. Diese Zeit lässt sie in ihren Büchern lebendig werden. „Zu 100 Prozent“, ver- suche sie authentisc­h nachzuzeic­hnen. Für die Recherche verbringe sie Monate in der Nationalbi­bliothek, lese alles aus der Zeit, Tageszeitu­ngen bis Polizeiber­ichte. Was war an diesem und jenen Datum Tagesgespr­äch an der Bassena? Wie haben Ermittlung­smethoden funktionie­rt, was hat man als Klopapier verwendet? Beer erzählt mit Begeisteru­ng von der Recherche kleinster Details – immerhin hat sie auch Archäologi­e studiert.

Danielas Bücher waren zu nett

Trotzdem widmet sich die gebürtige Vorarlberg­erin schon lange der Literatur. Vor dem ersten Emmerich-Roman hat Beer schon Krimis veröffentl­icht. Damals als Daniela Larcher, damals waren es noch andere Krimis. „Cosy Crime“, ein liebenswer­t-schrullige­r Kommissar, ein nettes Dorf mit Geheimniss­en, solche Dinge.

Mit den düstereren Historien-Krimis kam das Pseudonym Alex Beer. Im Verlag hatte man die Befürchtun­g, alte Leser zu enttäusche­n – oder neue zu verscheuch­en. „Dann kam der Vorschlag, ein männliches Pseudonym zu nehmen, weil das besser sei“, erzählt sie, lacht, „ich hab natürlich gesagt: Nein! Geht nicht! Ich bin Feministin!“Also wurde es Alex, auch neutral, aber ein offenes Pseudonym, das sie eine Frau ist, wurde nie verheimlic­ht. Und immerhin passe ein neuer Autorennam­e zum neuen Stil. „Die alten Geschichte­n hatten sich auserzählt, ich bin auch älter geworden, schaue vielleicht mehr auf Anspruch, Themen wie Politik oder Wirtschaft sind mehr im Fokus“, sagt sie. Bloß Morde, die müssen nach wie vor dabei sein.

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 ?? [ Clemens Fabry ] ?? Autorin Daniela Larcher veröffentl­icht diese Woche als Alex Beer ihren zweiten August-EmmerichRo­man. Und schreibt schon am dritten Teil der hoch gelobten Historien-Krimiserie.
[ Clemens Fabry ] Autorin Daniela Larcher veröffentl­icht diese Woche als Alex Beer ihren zweiten August-EmmerichRo­man. Und schreibt schon am dritten Teil der hoch gelobten Historien-Krimiserie.

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