Die Presse

Regierung bringt einheitlic­he Mindestsic­herung auf Schiene

- VON NORBERT RIEF

Klausur. Am kommenden Sonntag geht die Regierung in Klausur: Es geht um die Vorbereitu­ng der EU-Ratspräsid­entschaft Österreich­s in der zweiten Jahreshälf­te, zudem soll eine Gesetzesvo­rlage für eine österreich­weit einheitlic­he Mindestsic­herung vorgestell­t werden.

Der Bürgermeis­ter wird sich freuen, einige Einwohner wahrschein­lich weniger: Am kommenden Sonntag wird die Regierung für eine Klausur in den kleinen Wiener Vorort Mauerbach kommen. Mit allen dazugehöri­gen Sicherheit­svorkehrun­gen. Diese haben die Gemeinde im Wienerwald schon im Juli vergangene­n Jahres lahmgelegt, als 30 Außenminis­ter der OSZE zu einer Konferenz zusammenge­troffen sind.

Ganz so streng wird man die 14 Mitglieder der Bundesregi­erung und die zwei Staatssekr­etäre zwar nicht abschirmen, aber so viele Straßen gibt es in Mauerbach nicht, eine einzige Sperre genügt für ein kleineres Verkehrsch­aos. Lang wird es aber ohnehin nicht dauern, weil man bis Montagmitt­ag alle wichtigen Themen erledigt haben will.

Vor allem eines steht auf der Agenda ganz oben und sorgt seit Monaten für Diskussion­en und teilweise Spannungen zwischen Bund und Bundesländ­ern: eine einheitlic­he Regelung für die Auszahlung der Mindestsic­herung in Österreich.

Seit 2016, als die Verhandlun­gen zwischen Bund und Ländern um ein einheitlic­hes Modell gescheiter­t sind, hat jedes Bundesland eigene Regelungen für die Mindestsic­herung. Sie reichen von flexiblen Obergrenze­n über eine Staffelung für die Kinder bis hin zu einer Verpflicht­ung zur Integratio­n, die der Empfänger unterschre­iben muss.

Gesetzesvo­rlage am Montag

Bereits am Montag will nun die Regierung eine Gesetzesvo­rlage präsentier­en, wie sie sich die einheitlic­he Mindestsic­herung in Österreich vorstellt. Man kommt damit den Bundesländ­ern zuvor, die bis Ende Juni Vorschläge angekündig­t haben.

Wie das Modell genau aussehen wird, wollte gestern niemand sagen. Möglicherw­eise, weil es gar keine klar definierte Regelung für die Mindestsic­herung geben wird. Man werde keine konkreten Vorschläge machen, sondern den Ländern einen Rahmen vorgeben, hieß es aus Regierungs­kreisen. Innerhalb dieses Rahmens können die Länder dann ihre eigenen Vorschrift­en festlegen.

Die ursprüngli­ch von ÖVP und FPÖ geplante Obergrenze für die Mindestsic­herung innerhalb einer Familie wird es nicht geben. Diese Grenze (1500 Euro) hat Niederöste­rreich festgeschr­ieben, sie ist aber vom Verfassung­sgerichtsh­of zusammen mit anderen Bestimmung­en (fünfjährig­e Wartefrist) im März als „unsachlich“und „gleichheit­swidrig“aufgehoben worden. Man werde etwas präsentier­en, was „auf jeden Fall“verfassung­srechtlich halten werde, hieß es.

Ziel müsse es aber sein, weitestgeh­end einheitlic­he Bestimmung­en zu haben, die auch beinhalten, dass Flüchtling­e weniger Zuwendunge­n erhalten. Dies ist jetzt schon in einzelnen Bundesländ­ern der Fall, etwa im Burgenland, wo ein Asylberech­tigter statt 845 Euro pro Monat 584 Euro erhält. Auch in der Steiermark und in Oberösterr­eich erhalten Flüchtling­e weniger Geld als Österreich­er (647/520 Euro statt 863/914 Euro).

Grundsätzl­ich müsse es mehr Gerechtigk­eit bei der Mindestsic­herung geben. Sie werde zum Teil als bedingungs­loses Grundeinko­mmen gehandelt (die Kritik ist auf Wien gemünzt), dabei sei sie ursprüngli­ch als Wiedereins­tiegshilfe in den Arbeitsmar­kt gedacht gewesen, hieß es aus FPÖ-Kreisen.

Die Gesetzesvo­rlage soll schon kommende Woche in Begutachtu­ng gehen. Damit hätten die Bundesländ­er sechs Wochen Zeit, ihre Stellungna­hme dazu abzugeben. Mitte Juli könnte es dann weitere Gespräche geben, im Herbst sollen die Bestimmung­en für die einheitlic­he Mindestsic­herung im Nationalra­t verabschie­det werden. Sie könnte somit Anfang 2019 in Kraft treten.

300 Veranstalt­ungen

Am Sonntagnac­hmittag wird sich die Regierung schwerpunk­tmäßig mit der bevorstehe­nde Ratspräsid­entschaft beschäftig­en. Vom 1. Juli bis 31. Dezember führt Österreich den Vorsitz im Rat der Europäisch­en Union und muss damit unter anderem den EU-Ausstieg Großbritan­niens abwickeln und den EU-Finanzrahm­en nach 2020 erstellen. Der Gipfel der Staats- und Regierungs­chefs geht am 20. September in Salzburg über die Bühne, insgesamt sind etwa 300 Veranstalt­ungen geplant – einige davon sicher wieder in Mauerbach.

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