Die Presse

Saudi-Regierung greift führende Aktivistin­nen an

Fünf prominente Frauenrech­tlerinnen sind in Haft.

- Von unserem Mitarbeite­r MARTIN GEHLEN

Eigentlich sollte es ein großer Festtag werden für Saudiarabi­ens Frauen. Am 24. Juni dürfen sie nun endlich selbst ans Steuer und Auto fahren. So bestimmte es König Salman im September. Doch nun erstickt eine Verhaftung­swelle den Reformjube­l im erzkonserv­ativen Königreich: Fünf führende Frauenrech­tlerinnen und zwei ihrer Anwälte wurden von der Polizei abgeholt.

Begleitet ist das brachiale Vorgehen von einer dubiosen Schmutzkam­pagne in saudischen Zeitungen und sozialen Medien. „Unter uns gibt er keinen Platz für Verräter“, titelte die Zeitung „Okaz“und ließ durchblick­en, den Betroffene­n drohe bis zu zwanzig Jahren Haft. Nach Angaben des Innenminis­teriums werfen die Machthaber ihnen vor, „eine Spionageze­lle“gebildet zu haben, um „religiöse und nationale Prinzipien zu beschädige­n“. Amnesty Internatio­nal geißelte die Vorwürfe als „krasse Einschücht­erungstakt­ik“.

Nach Angaben ihrer Familien wurden die Frauen und Männer am ersten Tag des Fastenmona­ts Ramadan aus ihren Häusern geholt, was in Europa einer Festnahme an Heiligaben­d gleichkäme. Sie alle hatten sich öffentlich für ein Ende des Fahrverbot­s eingesetzt und gefordert, das strikte islamische Vormundsch­aftsrecht abzuschaff­en, das Frauen weitgehend entmündigt.

Unter den Verhaftete­n ist die 28-jährige Loujain al-Hathloul, die schon 2014 für 73 Tage hinter Gittern saß, weil sie mit ihrem Wagen von den Vereinigte­n Arabischen Emiraten aus über die Grenze fahren wollte. Sie studiert in Abu Dhabi, wurde aber Mitte März dort festgenomm­en und nach Saudiarabi­en abgeschobe­n.

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