Pfingstfestspiele: Zum Finale kein Otello
Salzburg. Nach der kurzfristigen Absage Rolando Villazons´ blieb von einem klugen Programm nur ein Festmahl aus zu vielen Häppchen: Rossini und Wagner mit Cecilia Bartoli, Jonas Kaufmann und Daniel Barenboim.
Auf dem Papier hatte dieses Festkonzert zum Abschluss der Pfingstfestspiele einmal ein kluges, geradezu ausgefuchstes Programm. Der Großteil des dritten, praktisch durchkomponierten Akts aus Rossinis „Otello“, gefolgt von Auszügen aus den „Meistersingern“sowie dem „Tristan“-Vorspiel nebst Liebestod: Das hätte einmal die Perspektive umgedreht und den Schöpfer brillanter Melodien und Virtuosengesten als zukunftsweisenden Musikdramatiker gezeigt – und Wagner mit Augenzwinkern als Lieferanten großartiger, konzerttauglicher Nummern.
Doch es hat nicht sollen sein: Rolando Villazon´ sagte ab, „kurzfristig und aus gesundheitlichen Gründen“, so Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler. Er hätte als Mohr von Venedig zürnen und Cecilia Bartolis wehmütig-empfindsam leidende Desdemona ins Jenseits befördern sollen. Bereit sein ist alles, heißt es in einem anderen Shakespeare-Stück – und bereit waren zu- mindest Bartoli sowie Daniel Barenboim mit der Staatskapelle Berlin, nicht jedoch ein tenoraler Einspringer, denn der für Wagner angereiste Jonas Kaufmann hat ja „nur“den Otello Verdis im Repertoire. Also war es Sache von Bartoli, laut Präsidentin, „Herz, Seele und auch Hirn der Pfingstfestspiele“, den plötzlichen Engpass im Staraufgebot allein aufzuwiegen: mit einem Rossini-Reigen, zu dem Barenboim und die Staatskapelle nicht nur die passend feinfühlige Begleitung beisteuerten, sondern auch die Ouvertüren zum „Barbiere“und zur „Cenerentola“, in denen langer Melodienatem Trumpf war.
Cecilia Bartoli: virtuose Auszierungen
Doch siehe da, diesmal schien es, als müsse die gefeierte Mezzosopranistin erst gegen die Enttäuschung der Villazon-´Gemeinde ansingen und abwartende Kaufmann-Fans sowie Wagnerianer von sich überzeugen. Es gelang ihr schrittweise – nicht mit Stimmvolumen, sondern durch virtuose Auszierungen in der Rosina-Arie, in der die im Text genannte Vi- per durch ein lang gerolltes R zur Klapperschlange wurde, mit seelenvollem Legato in Desdemonas Weidenlied und zuletzt einem schalkhaft funkelnden, überschäumenden Schlussrondo der Cenerentola.
Danach begann Barenboim mit einem klanglich so undurchdringlich wirkenden „Meistersinger“-Vorspiel, als wolle er den indirekten Bayreuther Mischklang noch toppen. Es war nicht Kaufmanns Schuld, dass die Gesänge des Stolzing, aus ihrem dramatischen Zusammenhang gerissen, merkwürdig bedeutungsarm klangen: Erst in seiner Zugabe, bei den „Träumen“aus den Wesendonck-Liedern mit Barenboim am Klavier, kam Stimmung auf. Vorspiel und Liebestod aber wurden zum Höhepunkt, entwickelt aus dicken Nebelschleiern, kulminierend in lichter Klarheit. Endlich einmal eine „Verklärung“, wie Wagner den Schluss nannte, die ohne Götterdämmerungslautstärken auskam, sondern aus einem orchestralen Belcanto hergeleitet wirkte: Das hätte vielleicht auch Rossini gefallen.