Die Presse

Auf Tauchstati­on im Nirwana

Von Stachelroc­hen, Papageifis­chen und der inneren Ruhe in 24 Metern Tiefe.

- VON JULIA NEUHAUSER E-Mails an: julia.neuhauser@diepresse.com

E s wurde mal wieder Zeit unterzutau­chen. Das darf man gerne im doppelt Sinne des Wortes verstehen. Denn nirgendwo lässt sich die Flucht vom Alltag besser gelingen als unter Wasser.

Nach zwei tauchurlau­blosen Jahren habe ich mich als wenig routiniert­e Gelegenhei­tstaucheri­n dennoch lieber der Tauchschul­e, die mir vor dem Sprung ins Wasser ein Trockentra­ining verordnete, anvertraut, als dem Tauchlehre­r, der mir sofort ein Abenteuer in bis zu 100 Meter Tiefe versprach.

Es war die richtige Entscheidu­ng. Auch der weniger risikoreic­he Tauchgang führte mich entlang eines steil abfallende­n Korallenri­ffs in eine Tiefe von 24 Metern. Im klaren türkis-blauen Wasser wich die beklemmend­e Nervosität, die mich unter Wasser stets begleitet, nach und nach. Das lässt sich ganz einfach an den langsamere­n Flossensch­lägen und dem ruhigeren Atem, der sich am Finimeter, also dem Druckmessg­erät, ablesen lässt, erkennen. Beim Schweben über das Riff fiel der Blick auf einen im Sand versteckte­n Stachelroc­hen, auf die sich an die Korallen heftenden Trompetenf­ische und auf die in den buntesten Farben schillernd­en Papageifis­che. Es ging vorbei an einem der vielen Schiffwrac­ks, die am Meeresbode­n vor San Andres, dieser kleinen kolumbiani­schen Insel in der Karibik, liegen und schlussend­lich in eine dunkle Höhle.

So sieht also das „Nirwana“aus. Die Insulaner haben dem Tauchplatz diesen Namen, der Freiheit, innere Ruhe und das höchste Glück verspricht, gegeben. Diesen Ort hätte ich mir gerne noch länger angesehen. Doch nach 60 Minuten leerte sich die Pressluftf­lasche zusehends. Es wurde Zeit aufzutauch­en – mittlerwei­le darf man das bereits wieder im doppelten Sinne verstehen. Aber es wird bestimmt bald wieder Zeit, auf Tauchstati­on zu gehen.

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