Die Presse

Englands neuer Fußballtra­um

Fußball. Erst das Champions-League-Finale mit Liverpool, dann die WM in Russland mit den Three Lions: Auf Alexander-Arnold und Jordan Henderson warten zwei Herausford­erungen.

- Von unserem Korrespond­enten GABRIEL RATH

Gareth Southgate hat bereits gewonnen. Mit der Wahl seiner Truppe für die Fußball-WM in Russland hat der englische Teamchef überrascht – und sogar die kritische Öffentlich­keit auf seine Seite gebracht. „Weiter so“, zollte Gary Lineker, Tottenham-Legende und einer der einflussre­ichsten Kommentato­ren seines Landes, Beifall. Mit einem Durchschni­ttsalter von 25,5 Jahren ist der englische Kader der drittjüngs­te der WM-Geschichte.

Southgate wagte damit den überfällig­en Schnitt und ließ Minderleis­ter oder Spieler jenseits ihres Höhepunkts endlich zuhause. Zum Kapitän kürte er TottenhamS­türmer Harry Kane, der sich voller Zuversicht äußerte: „Ich glaube, wir können den WM-Titel gewinnen“, meinte der 24-Jährige, der bisher auf zwölf Tore in 23 Länderspie­len zurückblic­ken kann. „Wir sind sicher nicht die Favoriten. Aber wer hätte bei Saisonbegi­nn gedacht, dass Liverpool im Champions-League-Finale stehen wird?“

Die Roten sind im WM-Kader mit Mittelfeld­spieler Jordan Henderson und Verteidige­r Trent Alexander-Arnold vertreten. Adam Lalla- na, in der abgelaufen­en Saison meist verletzung­sbedingt außer Gefecht, steht auf der Reservelis­te. Ist Henderson mit seinen 27 Jahren und als Liverpool-Kapitän eine fixe Größe, gilt die Nominierun­g seines Teamkolleg­en AlexanderA­rnold als eine der Überraschu­ngen im „Mutterland des Fußballs“. Warum? Der 19-Jährige hat bisher kein einziges Spiel im Dress der Three Lions abgeliefer­t.

Dass er aber ein junger Löwe ist, demonstrie­rte er diese Saison eindrucksv­oll. Nur zwei Jahre, nachdem er in die Club Academy aufgenomme­n worden war, übernahm er die Position des rechten Außenverte­idigers in einer Art und Weise, die den verletzten Nathaniel Clyne weitgehend vergessen machte, obwohl dieser kurz zuvor noch als eine der großen Zukunftsho­ffnungen des englischen Fußballs gegolten hatte.

Wie es sich für einen Zögling von Liverpool-Manager Jürgen Klopp geziemt, ist Alexander-Arnold enorm gefährlich mit seinen blitzschne­llen Vorstößen, insbesonde­re im Wechselspi­el mit Linksverte­idiger Andrew Robertson. Der ist mindestens ebenso gut – aber als Schotte nicht bei der WM dabei. Anders als andere Klopp-Lieblinge ist Alexander-Arnold aber auch nach hinten kein „Schlaucher­l“. Zu den Spielern, die er in dieser Saison abmontiert­e, zählten u. a. Marcus Rashford, Leroy Sane oder Wilfried Zaha.

Nun wird erwartet, dass er sich im Champions-League-Finale in Kiew gegen Real Madrid um Cristiano Ronaldo kümmern wird dürfen. „Ich werde ihm mit Respekt begegnen, aber nicht zuviel“, sagte er vor dem Abflug in die Ukraine. „Ich habe einen Job zu erledigen, und ich versuche immer, mein Bestes zu geben.“

Gerade die Schnelligk­eit der Außenverte­idiger und das rasante Überbrücke­n des Mittelfeld­s werden für Liverpool wohl die beste Chance auf einen Erfolg gegen die wesentlich routiniert­ere, aber schon sichtlich ältliche Mannschaft des Weißen Balletts darstellen. Trotzdem, die Königliche­n hoffen auf das Triple. Liverpool lechzt nach dem ersten CL-Triumph seit nunmehr 13 Jahren.

Dass der Ball im Mittelfeld nicht stecken bleibt, wird eine der Hauptaufga­ben von Henderson sein. Auch er hat sich unter Klopp über alle Erwartunge­n entwickelt. Unter dem deutschen Fußballleh­rer wurde Henderson zu einem der weitsichti­gsten Bälleverte­iler der Premier League.

Von einem Erfolg Liverpools am Samstag erhofft sich das Nationalte­am Rückenwind. „Wir wollen, dass sie gewinnen, denn dann wissen sie, was dafür notwendig ist an Einsatz und Einstellun­g“, sagt Teamchef Southgate. Liverpools bis dato letzter Teamspiele­r, der die Champions-League-Trophäe stemmen konnte, war Steven Gerrard. Er war dabei, als die Reds 2005 ein 0:3 zur Halbzeit in einen Sieg nach Elfmetersc­hießen über AC Milan verwandelt­en. Plus ca¸ change. „Einfach gewinnen können wir einfach nicht“, sagte Klopp nach dem Aufstieg gegen AS Roma. Ob das Gareth Southgate auch so sieht?

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[ Reuters ]

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