Aktionismus ist noch keine Umweltpolitik
Wie man Umweltmaßnahmen zur Lachnummer macht.
D emnächst tritt in Hamburg ein partielles Fahrverbot für Dieselautos, die nicht der neuesten Abgasnorm Euro 6 entsprechen, in Kraft. In genau zwei Straßenzügen von insgesamt rund 2,3 Kilometern Länge.
Schön, oder? Endlich wird was für die Umwelt getan, nicht wahr? Ein Hoch auf die Umweltpolitik! Experten meinen zwar, das werde die Stickoxidbelastung in der Stadt eher heben als senken. Denn wegen zwei Kilometern würde niemand das Auto stehen lassen, und Umwegverkehr bedeute mehr Schadstoffausstoß.
Aber was sind schon Expertenmeinungen, wenn man so schön publikumsgerecht Umweltaktionismus betreiben kann. In der Stadt mit dem größten Hafen Deutschlands, in dem ungefilterte Containerschiffe ungehindert wesentlich mehr Stickoxide emittieren als alle Autos zusammen.
Plan- und sinnlosen Umweltaktionismus kennt man aber nicht nur im Norden. In Wien hat unsere Umweltministerin gerade angekündigt, den sogenannten I-GL-Hunderter, der bei höherer Schadstoffbelastung auf Autobahnen verhängt wird, für Elektroautos aufzuheben. Die sind ja emissionsfrei, oder?
Sagen wir es so: I-GLBeschränkungen werden überwiegend wegen Überschreitung der Feinstaubgrenzwerte getriggert. Man redet deshalb auch vom „Feinstaub-Hunderter“.
Feinstaub entlang der Autobahnen stammt zum kleineren Teil aus Verbrennungsmotoren, zum größeren aber aus Abrieb von Reifen und Bremsen und aus Staubaufwirbelung. Natürlich auch bei E-Autos. Und natürlich bei Tempo 130 deutlich mehr als bei 100. Man
senkt also das erlaubte Tempo, um die Feinstaubwerte zu verringern – und genehmigt dann einer Gruppe „emissionsfreier“Verkehrsteilnehmer, diese wieder hochzutreiben. Klingt irgendwie durchdacht, oder? Aber Hauptsache, man kann sich voll grün fühlen. Gut, dass man damit in der Praxis nicht viel anrichten kann. Denn kein E-Auto-Fahrer, der bei Trost ist und nicht jede zweite Ladesäule entlang der Strecke kennenlernen will, hält bei Fernreisen auf der Autobahn Tempo 130.
Übrigens, haben Sie’s gewusst? Ganz Wien könnte bis 2050 „CO2-frei“sein. Echt! Haben Rundfunk und Onlinemedien gestern berichtet. In einem Land, in dem solche Aussagen nicht zu spontanem höllischen Gelächter führen, kann man den Leuten umwelttechnisch wohl einiges einreden.