Die Presse

Briten: Spende gegen Staatsschu­lden

Schulden. Hunderte Mio. Pfund an Spenden warten auf die Regierung. Doch sie kommt nicht ran.

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Die Geste war mit Sicherheit gut gemeint: Vor über neunzig Jahren hat ein anonymer britischer Spender 500.000 Pfund in den eigens eingericht­eten National Fund einbezahlt, um seinem Land zu helfen, die Staatsschu­lden wieder zu tilgen. Doch die gute Tat des Unbekannte­n hatte einen Haken. Die britische Regierung erlangt erst dann Zugriff auf das Vermögen, wenn sie das Land damit zur Gänze entschulde­n kann.

Und obwohl sich die ursprüngli­che Einlage durch geschickte­s Investiere­n auf 400 Millionen Pfund (455,3 Millionen Euro) mehr als verachthun­dertfacht hat, ist das Königreich weit davon entfernt, seine Schulden damit zur Gänze abbauen zu können.

Doch mit jeder weiteren Prognose, wie teuer der Austritt aus der Europäisch­en Union die Briten zu stehen kommen wird, steigt offenbar auch die Nervosität im Regierungs­team und die Kreativitä­t beim Geldbescha­ffen.

Im Fall der anonymen Großspende aus dem vergangene­n Jahrhunder­t will die britische Regierung jedenfalls keine Zeit mehr verstreich­en lassen. Sie zieht vor den Obersten Gerichtsho­f, um dennoch an die 400 Millionen Pfund zu kommen, berichtet der britische „Telegraph“.

Der Generalsta­atsanwalt Jeremy Wright argumentie­rt, dass es wohl im Sinne des Spenders sei, wenn das Geld „zum Wohl der Nation“eingesetzt werde. Kritiker halten das für fraglich und verweisen darauf, dass der Spender sein Geld möglicherw­eise bewusst nicht zur reinen Budgetkosm­etik freigegebe­n hat. Aktuell sind die Briten mit 1,7 Billionen Pfund im Minus. Tatsächlic­h kam die gespendete Summe nie über 0,066 Prozent der Staatsschu­lden hinaus. Die Labour Party unterstütz­t das Vorhaben, das Geld endlich verwenden zu dürfen, würde damit aber lieber wohltätige Vereine fördern. Das würde jedoch den Willen des Spenders zu wenig berücksich­tigen, kontert die Regierung.

Über die Identität des mysteriöse­n Spenders ist bis dato nichts bekannt. Es wird allerdings vermutet, dass der Geber dem Aufruf des früheren konservati­ven Premiermin­isters Stanley Baldwin gefolgt ist. Baldwin hatte seine reichen Mitbürger im Jahr 1919 darum gebeten, Geld zu spenden, damit Großbritan­nien die Schulden aus dem Ersten Weltkrieg reduzieren kann.

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VON MATTHIAS AUER

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