Die Presse

Ein Wettlauf um Macht und Einfluss

Die Iranpoliti­k des US-Präsidente­n ist klar: Donald Trump will dem Mullah-Regime in Teheran keine Punkte schenken.

- VON MEHRDAD MADJDI

In der Kolumne „Gedankenle­se“(14. 5.) mit dem Titel „Donald Trumps hochgradig kontraprod­uktive Iranpoliti­k“argumentie­rt Burkhard Bischof, dass sich angesichts der Aufkündigu­ng des Atomdeals durch USPräsiden­t Trump Irans Bevölkerun­g hinter dem „Regime“scharen würde. Diese Behauptung hält jedoch einer realpoliti­schen Prüfung der aktuellen Lage im Iran nicht stand.

Wie der Autor richtigerw­eise anführt, muss sich hierzu die Bevölkerun­g „gedemütigt und verängstig­t“fühlen. Die meisten Iraner sehen jedoch die primäre Ursache für das Scheitern des Atomdeals in der aggressive­n Außenpolit­ik der iranischen Hardliner, die die Vereinbaru­ng von Anfang an mit diversen Aktionen wie dem Test von Raketen mit Aufschrift­en wie „Wir vernichten Israel“torpediert hatten.

Die Mehrheit im Iran sieht in der aktuellen Entwicklun­g lediglich eine weitere Bestätigun­g ihrer Ansicht, dass die Reformer und Moderaten den Hardlinern zu wenig die Stirn bieten und von außenpolit­ischen Sticheleie­n abhalten. Sie fühlen sich nicht von Trump, sondern von den Reformern und Gemäßigten, die sie mit großer Mehrheit gewählt hatten, gedemütigt.

Keine virulente Kriegsangs­t

Dass es im Iran eine virulente Angst vor Krieg und US-Interventi­on gibt, lässt sich aktuell nicht beobachten. Jeder weiß zwar, dass theoretisc­h alles möglich ist, man rechnet aber eher nur mit punktuelle­n Aktionen gegen die Revolution­sgarden.

Der Autor zitiert auch zustimmend Professor Vali Nasr mit der Aussage: „Iran hat den Zusammenbr­uch der Ordnung in der Region nicht verursacht, und Iran einzudämme­n, wird nicht Stabilität zurückbrin­gen.“Nasr schreibt jedoch nichts anderes, als dass die politische Ordnung im Nahen Osten in den letzten sieben Jahren völlig zu Bruch gegangen ist. Iran hat dafür zwar als Inspiratio­nsquelle gedient, aber der Motor der Entwicklun­g ist in der Region nun angesprung­en. Den „Anlasser“Iran abzudrehen, stellt den Motor nicht ab. Daher würde die Eindämmung Irans, die alte Ordnung in der Region nicht wieder herstellen helfen.

Trumps großes Vorhaben

Allerdings hilft diese Erkenntnis den Politikern in Washington, Jerusalem, Riad, Teheran etc. recht wenig. Deren Wettlauf um Macht und Einfluss wird ja deshalb nicht gegenstand­slos. Wie beim Tennis ist jeder nicht verschenkt­e Punkt ein Punkt für einen selbst. Und das sieht laut Trump so aus: „Das Abkommen leistet nichts, um die destabilis­ierenden Aktivitäte­n Irans zu unterbinde­n. Der Deal hat dem Terror-Regime viele Milliarden Dollar eingebrach­t.“

Man soll nicht vergessen, dass Trump mit dem Anspruch Präsident geworden ist, die angekratzt­e Position der USA als unbestritt­ene Supermacht wieder herzustell­en, die der ganzen Welt vorschreib­t, wo es langgeht. Er irrt sich in seiner Einschätzu­ng über die iranischen Machthaber nicht, dass sie ihm bei seinem Vorhaben im Weg stehen. Dies völlig unabhängig davon, wie wir in Österreich oder woanders zu den beteiligte­n Parteien stehen.

Warum soll also Trump den iranischen Machthaber­n Punkte schenken? So etwas von ihm zu verlangen, wäre, als ob man David Alaba sagen würde, er möge direkt in die Hände des gegnerisch­en Tormanns schießen, damit der arme Tormann einen Erfolg feiern kann. Er würde es vielleicht ja tun – aber nur dann, wenn er zehn Tore Vorsprung hätte oder ihm die nächsten zehn Tore sicher sind.

Das kann man aber im aktuellen Match USA gegen Iran wirklich nicht behaupten. Mehrdad Madjdi (*1963 in Arak/Iran) studierte an der TU Wien und arbeitet seit den 1990er-Jahren bei einem renommiert­en Industrieu­nternehmen in Wien. Er war Gründungsm­itglied des Vereins Iranischer Ingenieure/innen in Österreich.

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