Die Presse

Strache fordert in Brüssel Ende der EU-Sanktionen

FPÖ. Vizekanzle­r und Sportminis­ter Strache übt bei seinem ersten Amtsbesuch in Brüssel scharfe Kritik an der Grenzschut­zagentur und fordert ein Ende der EU-Sanktionen gegen Russland.

- Von unserem Korrespond­enten OLIVER GRIMM

Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache hat bei seinem erstern offizielle­n Auftritt in Brüssel ein Ende der Russland-Sanktionen gefordert und Frontex, die Grenzschut­zagentur der EU, als „Schleppero­rganisatio­n“bezeichnet.

Erstmals verschlug es am Mittwoch FPÖ-Chef und Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache als Regierungs­mitglied nach Brüssel. Als zuständige­r Bundesmini­ster nahm er an der Ratstagung der Sportminis­ter teil, was im Gespräch mit österreich­ischen Korrespond­enten die Frage aufwarf: Wenn die FPÖ angesichts des Brexit eine Beschränku­ng der EU auf ihre Kernkompet­enzen fordert, wäre diese Ratsformat­ion nicht einer der ersten Streichkan­didaten? Ganz so weit, den Sportminis­terrat im Sinne der Sparsamkei­t und Subsidiari­tät abzuschaff­en, will Strache nicht gehen: „Es stimmt, es gibt hier keine Gesetzgebu­ng, aber es gibt die Willensbil­dung. Die Akkordieru­ng in diesem Bereich ist wichtig. Aber in Wahrheit ist das nationalst­aatliches Recht.“

„Alles andere als Grenzschut­z“

Ungewöhnli­ch scharf äußerte sich Strache hingegen über Frontex, die europäisch­e Grenz- und Küstenwach­e. „Bei Frontex muss man hinterfrag­en, welchen Auftrag sie hat. Sie hat ja in manchen Bereichen teilweise fast schon die Aufgabe, die Menschen vor der Küste Nordafrika­s abzufangen und dann fast als Schleppero­rganisatio­n nach Europa zu bringen.“Auf die Frage, wieso die Bundesregi­erung im Budgetentw­urf keine erhöhten Mittel für die Entsendung österreich­ischer Grenzer an die EU-Außengrenz­en vorsehe, antwortete Strache erneut mit scharfer Kritik an Frontex: „Die Auftragsst­ellung ist zu hinterfrag­en. Man unterstütz­t, wenn man derzeit Personal hinschickt, keinen Grenzschut­z. Weil die Aufgabenst­ellung in Wahrheit alles andere als Grenzschut­z ist.“Frontex’ Tun könne man „als Schleppera­ktivität im legalen Sinn definieren“.

De facto ist in den gesetzlich­en Grundlagen, die den Auftrag von Frontex bestimmen, nichts dergleiche­n zu lesen. Sehr wohl jedoch sind Schiffe der diversen nationalen Küstenwach­en, die im Mittelmeer unter Koordinati­on von Frontex Dienst versehen, seerechtli­ch dazu verpflicht­et, schiffbrüc­hige Migranten und Flüchtling­e zu retten und in den nächsten Hafen zu bringen, wo deren Asylanträg­e aufgenomme­n werden.

Strache, dessen Partei im Dezember 2016 mit der russischen Regierungs­partei Einiges Russland von Präsident Wladimir Putin eine fünfjährig­e „Vereinbaru­ng über Zusammenwi­rken und Kooperatio­n“geschlosse­n hat, wünscht sich zudem ein Ende der EU-Sanktionen gegen Russland. Österreich setze sich „als neutrales Land in der Sanktionse­ntwicklung gegenüber Russland für eine Entkramp- fung ein, damit am Ende wieder eine engere Zusammenar­beit und auch eine Aufhebung der Sanktionen der Fall sein kann.“

Einladung zur Fußball-WM

Womit hat sich die russische Regierung seiner Meinung nach eine Abschaffun­g dieser Strafmaßna­hmen der EU verdient? „Wie wir alle wissen, hat auf der Krim eine Abstimmung stattgefun­den, die von der westlichen Gemeinscha­ft völkerrech­tlich nicht akzeptiert wird, wo die Russen mit ihrer Abstimmung das Faktum gesetzt haben, dass die Mehrheit für den Zusammensc­hluss mit Russland gestimmt hat. Führen die Sanktionen zum Ziel? Das sehen wir kritisch, inwieweit man sich da nicht einbetonie­rt.“Strache sagte zudem, „in der Ostukraine hat es sich ja beruhigt, zumindest in der medialen Darstellun­g“. Laut den Frontbeob- achtern der OSZE jedoch war die vorige Woche mit 7700 Waffenstil­lstandsver­letzungen die schlimmste in diesem Jahr. Woher haben die prorussisc­hen Aufständis­chen Artillerie und Panzer? „Ich gehe davon aus, dass sie das in Russland kaufen, wie der ukrainisch­e Staat seine militärisc­he Lieferung aus den USA bezieht“, meinte Strache. Er habe jedenfalls vom Kreml eine Einladung zur Eröffnungs­feier der Fußball-WM in Moskau erhalten und werde ihr folgen: „Der Sport ist integrativ. Ich halte nichts davon, das zu boykottier­en.“

Hinsichtli­ch des künftigen EUHaushalt­s wiederholt­e Strache seine Forderung, dass „die EU-Struktur effiziente­r und schlanker werden“müsse. Wo genau wolle er sparen? Bei der Landwirtsc­haft? Der Kohäsionsp­olitik? „Ich bin jetzt nicht der Experte, wo in der EU die Dinge falsch laufen.“

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[ APA ] „Bin nicht Experte, wo in der EU die Dinge falsch laufen“– Vizekanzle­r Strache vor seinem ersten Brüsseler Ministerra­t.

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