Trump sagt Gipfel mit Kim ab
USA/Nordkorea. Eine monatelange diplomatische Annäherung könnte umsonst gewesen sein. US-Präsident Donald Trump zieht die Notbremse und wirft Nordkoreas Diktator „Feindseligkeit“vor.
New York. Die Vorbereitungen liefen auf Hochtouren. Selbst Details zum anstehenden Trip nach Singapur hatte das Weiße Haus bereits an mitreisende Journalisten verschickt. Doch weniger als drei Wochen vor dem geplanten historischen Treffen zwischen Kim Jong-un und Donald Trump ließ der US-Präsident schließlich die Bombe platzen. Die letzten Feindseligkeiten aus Nordkorea hätten das Fass zum Überlaufen gebracht. Der Gipfel ist abgesagt.
Der Brief Trumps an Nordkoreas Diktator, in dem er die Absage erklärt, lässt hoffen und fürchten zugleich. In den vergangenen Wochen habe sich ein „wundervoller Dialog“zwischen den beiden Staatsführern entwickelt, schreibt der US-Präsident. Er dankt Kim für die Freilassung dreier festgehaltener Amerikaner, das sei eine „schöne Geste“gewesen. Er freue sich darauf, sein nordkoreanisches Pendant eines Tages zu treffen.
Trump will also die Tür für ein mögliches Treffen und eine damit verbundene Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel nicht völlig zuschlagen. Gleichzeitig öffnet er aber auch wieder jene, die die Welt an den Rand eines Atomkriegs führen könnte. Die „offenen Feindseligkeiten“machten eine Absage unumgänglich, „zum Schaden der Welt“. Und: Die nuklearen Fähigkeiten der USA seien „so massiv und gewaltig, dass ich zu Gott bete, dass sie niemals eingesetzt werden müssen“.
Rückkehr an den Start
Nur wenige Wochen nachdem Beobachter von einer deutlichen Annäherung zwischen Trump und Kim gesprochen haben, nachdem Außenminister Mike Pompeo nach Pjöngjang gereist ist, um dem nordkoreanischen Herrscher die Hand zu schütteln, deutet vieles auf eine Rückkehr an den Start hin. Auch wenn Nordkorea immer wieder Zeichen des guten Willens gesetzt hat: Schließlich wollte Trump das Risiko eines Gipfels nicht mehr eingehen, nachdem ein ranghoher Diplomat Nordkoreas die USA vor einer „Tragödie, wie sie es nie zuvor erfahren oder auch nur vorgestellt“hatten, gewarnt hatte.
Letztlich waren die Erwartungshaltungen der beiden Länder zu unterschiedlich. Trump und Pompeo sprachen davon, dass Nordkoreas Bereitschaft für eine völlige und unwiderrufliche Zerstörung sämtlicher Atomwaffen eine Voraussetzung für ein Treffen sei. Pjöngjang fühlte sich hingegen von John Bolton vor den Kopf gestoßen. Der USSicherheitsberater nannte Libyen als Vorbild für Nordkorea. Libyen hatte 2003 seine nuklearen Bemühungen im Gegenzug für die Aufhebung von Sanktionen aufgegeben.
Wie es weitergeht, ist unklar. Im Idealfall finden Trump und Kim einen Weg zueinander. Bereits in den vergangenen Tagen wurde eine Verschiebung des Treffens diskutiert, und dies könnte auch positiv sein. Besser ein gut vorbereiteter Gipfel mit klar definierten Erwartungshaltungen zu einem späteren Zeitpunkt als ein hastig herbeigeführtes Treffen, das schiefgehen und zu einer Eskalation bis hin zum Krieg führen könnte.
Es ist jedoch auch keineswegs ausgeschlossen, dass es niemals zum Treffen zwischen Trump und Kim kommt. Dann würde sich die Geschichte in gewisser Weise wiederholen. Im Jahr 2000 war Außenministerin Madeleine Albright nach Pjöngjang gereist, um einen Gipfel zwischen den Staatsführern Bill Clinton und Kim Jong-il vorzubereiten. Dazu kam es nie, auch weil George W. Bush in jenem Jahr die Wahl gewann und von einem Spitzentreffen wenig hielt.
Freilich: Nun waren die Vorbereitungen deutlich weiter fortgeschritten. Bisher hält sich Trump rhetorisch noch zurück. Er hofft nach wie vor auf ein Treffen. Kim könne jederzeit „anrufen oder schreiben“. Das abgesagte Treffen sei „eine vergebene Chance“und ein „trauriger Moment“.