Die Presse

Achleitner­s Aktien sinken

Mindestens 7000 Mitarbeite­r sollen ihren Posten verlieren. Aufsichtsr­atschef Paul Achleitner will nicht dazugehöre­n. Er kämpft um das (symbolisch­e) Vertrauen der Aktionäre.

- Von unserer Korrespond­entin IRIS BONAVIDA

Es gibt einige Dinge, die im Finanzwese­n ganz besonders zählen. Die richtigen Zahlen, zu allererst. Aber auch Vertrauen, Verlässlic­hkeit. Das vermissen viele Aktionäre bei Paul Achleitner, Aufsichtsr­atschef der Deutschen Bank und Topmanager aus Österreich. Also wurden sie am Donnerstag bei der Hauptversa­mmlung schnell ungeduldig: Als er nur zwei Minuten verspätet ans Rednerpult trat, waren schon die ersten Buhrufe zu hören. Das sollte aber noch die harmlosest­e Kritik gewesen sein, die Achleitner zu hören bekam.

In der Festhalle in Frankfurt entlud sich all der Frust, der sich in den vergangene­n Wochen und Monaten bei den Aktionären aufgestaut hatte. Das dauerte: Rund 50 der 4150 anwesenden Personen wollten sich zu Wort melden. Erst nachher stand die wichtigste Entscheidu­ng des Tages auf dem Programm: Erhält Achleitner das (symbolisch­e) Vertrauen der Aktionäre, um den Aufsichtsr­at des größten deutschen Geldhauses anführen? Es zeichnete sich ein Ja ab – mit einem großen Aber: Es gebe keine Alternativ­en zu seiner Person, heißt es. Und die Deutsche Bank brauche nun erst Stabilität.

Das heißt allerdings nicht, dass Achleitner von den Anteilseig­nern verschont wurde. Im Gegenteil. „Der Aktienkurs gleicht der Fahrt in einer Geisterbah­n, bei der hinter jeder Kurve eine unangenehm­e Überraschu­ng lauert“, hieß es zum Beispiel. Deka Investment, der Vermögensv­erwalter der Sparkassen, werde gegen die Entlastung von Achleitner stimmen. Auch der einflussre­iche Aktionärsb­erater Hans-Christoph Hirt schlägt vor, die Deutsche Bank möge sich nach einem Nachfolger umsehen.

Während sich die Aktionäre in Rage redeten, weil die Deutsche Bank so schlecht dasteht, stürzten ihre Aktien auf ein 18-Monate-Tief ab. Das passt ins Bild der jüngsten Vergangenh­eit: Das Institut schreibt zum dritten Mal in Folge Verluste, insgesamt waren es in den vergangene­n drei Jahren neun Milliarden Euro.

Auch nun, im ersten Quartal, brach der Gewinn vor allem wegen des schwachen Handelsges­chäfts um 80 Prozent ein – während die Konkurrenz an der Wall Street Milliarden verdiente.

Sobald die ersten Buhrufe verstummt waren, versuchte Achleitner, diese Zahlen zu erklären – und die Aktionäre zu besänftige­n. Zunächst noch mit ein bisschen Fußball und Humor: Nach dem Pokalsieg von Eintracht Frankfurt wolle er sich ein Beispiel an dem Bundesliga­team nehmen. Dann zückte er ein selbst geschossen­es Foto von einem Fanbanner, auf dem „Totgesagte leben länger“stand.

Der Rest seiner Redezeit war allerdings eher ein trockenes Referat als eine leidenscha­ftliche Vorstellun­g seiner Vision. Dann gab er allerdings zu, dass es in der Führung Meinungsve­rschiedenh­eiten gegeben habe. Als die Medien anfingen zu spekuliere­n, habe er also rasch eine Personalen­tscheidung fällen müssen: Achleitner setzte als neuen Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing ein.

Er war es auch, der am Donnerstag ein Plädoyer für eine breite Unterstütz­ung anstimmte: „Wir müssen die Deutsche Bank wieder in die Mitte der Gesellscha­ft führen – wir brauchen ein Leitbild. Sie muss eine starke Stimme haben.“Allerdings mit weniger Personal: Die Zahl der Vollzeitst­ellen soll von 97.000 auf „deutlich unter 90.000“sinken. Auch in Österreich werden Stellen gestrichen, fast zwei Dutzend Beschäftig­te wurden bereits informiert. Das stimmte die Anwesenden tatsächlic­h positiver.

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[ Reuters ]
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