Als ein Österreicher Tischtennisweltmeister wurde
Tischtennis. Am 25. Mai 2003 gelang Werner Schlager bei der WM in Paris die Sensation: Er gewann Gold. Seine Erfolge halfen auch der Sportart in Österreich, selbst 15 Jahre danach gibt es noch Erfolge und Talente. Nur, sie werden seltener.
Ein Österreicher ist Tischtennisweltmeister? Was aufgrund der asiatischen Übermacht in dieser Sportart als Kunststück galt, war für einen Wr. Neustädter in Wahrheit komplett denkunmöglich. Doch Werner Schlager setzte sich bei der WM 2003 in Paris die Krone auf. Er besiegte vor genau 15 Jahren, am 25. Mai 2003, im Endspiel den Südkoreaner Joo Se-hyuk 4:2. Der beste Abwehrspieler der Welt war chancenlos gegen Schlager, den Taktiker, der mit Aufschlägen und Returns glänzte.
Es war die absolute Topsensation – und trotzdem kein Novum. 1937 gewann Richard Bergmann in Baden bereits WM-Gold, nur das hatte damals einen ganz anderen Stellenwert. Schlager durchbrach die chinesische Phalanx. Seit 2003 hat die „Pingpong-Nation“Nummer eins keine WM mehr verloren.
Es war die Sternstunde eines Österreichers, der als Sechsjähriger seine Liebe zum Zelluloidball entdeckt hatte, als er auf dem Dachboden des Elternhauses mit einer Eternitplatte auf ihn geschlagen hatte. Der Vater war sein erster Coach, der Tischtennistisch im Campingurlaub immer dabei.
Nach seinem wohl letzten Auftritt bei einem Großereignis schlugen 2016 für Schlager 20 Meistertitel zu Buche. Zwei Triumphe bei Europe-Top-12-Turnieren, EMGold im Doppel (2005), ein Champions-League-Hit (2008) und zig andere Medaillen. Aber, viel wichtiger: Ein Tischtennisspieler wurde im Land der Skifahrer und Fußballer Sportler des Jahres (2003). Er erhielt zwei Verdienstzeichen und sogar eine eigene Briefmarke.
Tischtennis mag gern und oft belächelt werden, es ist aber eine Weltsportart. Nicht zwingend im Spitzensport, aber im Breiten- und Kindersport unbestritten. Schlager war plötzlich ein Star. Auch in China, wovon sich „Die Presse“bei der Team-WM 2008 in Guangzhou überzeugen konnte. Wer sich für diese Disziplin wirklich tiefergehend interessierte, der wusste eben, dass er mit einem ButterflySchläger spielte, mit 2,1 Millimeter Schwammstärke.
Für Schlager erfüllte sich ein Lebenstraum. Er hat auch der Sportart den Fortbestand in Österreich gesichert, sie zu neuen Höhen geführt, war vielen ein Vorbild. Österreich gewann zuletzt Gold bei der Team-EM 2015, Stefan Fegerl den Doppeltitel und jetzt die Champions League mit Düsseldorf. Im ÖTTV-Verband tummeln sich zig Talente, Sofia Polcanova (23 J.) ist längst mehr als nur ein Versprechen und aktuell sogar im Hongkong-Achtelfinale. Doch in den Medien befindet sich Tischtennis eher im Rückzug.
Schlager wollte selbst auch mithelfen und Kinder ausbilden. Das Staunen war groß, als er 2009 in Schwechat seine „Academy“ins Leben gerufen hatte. Noch größer war die Verwunderung, dass sie 2015 Insolvenz anmelden und 2016 den Betrieb einstellen musste.
Für den mittlerweile 45-Jährigen war es wie ein Stich ins Herz. Doch er führt längst sein eigenes Familienleben. 40 Tage pro Jahr ist er auf Sponsorterminen in China, taucht ab und zu für Hobbyspiele bei der Legends Tour auf oder sieht seinen Kindern (Sohn und Tochter) beim Tischtennis zu.
Es ist ruhiger geworden um Werner Schlager. Nur der ohrenbetäubende Jubel und Applaus im Palais Omnisports in Paris-Bercy wird nie verhallen.