Die Presse

Zurück in die mathematis­che Zukunft

Rasenmäher, Staubsauge­r oder Autos fahren bereits selbststän­dig. Ein österreich­isches Unternehme­n entwickelt­e eine mathematis­che Methode, die die Entwicklun­g noch beschleuni­gt und sicherer macht.

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Vollautoma­tische Systeme gehören zum Alltag. Der Staubsauge­r fährt allein durch die Wohnung, der Rasenmäher durch den Garten, und an jedem industriel­len Fließband setzen Roboterarm­e Teile zu einem Endprodukt zusammen. Erste Prototypen von Drohnen als Paketliefe­rer fliegen von Haus zu Haus, selbstfahr­ende Autos frequentie­ren ausgewählt­e Straßen. Der Siegeszug der Vollautoma­tisierung scheint ebenso wenig aufzuhalte­n, wie jener der Dampf- und Elektroeis­enbahn vor gut 200 Jahren. Wohin geht die Reise noch?

Michael Naderhirn ist sicher: „zurück zur Mathematik“. Der Geschäftsf­ührer des oberösterr­eichischen Start-ups Kontrol und Mechatroni­kabsolvent der Universitä­t Linz entwickelt­e eine mathematis­che Methode, die sicherstel­lt, dass autonome Geräte Gesetze, Normen und Sicherheit­sreglement­s einhalten. Das vom Austria Wirtschaft­sservice (AWS) unterstütz­te Start-up sorgt mit der patentiert­en Methode dafür, dass ein Fahrzeug oder ein Flugzeug gesetzlich­e Vorgaben wie die Straßenver­kehrsordnu­ng oder die Luftverkeh­rsregeln einhält.

Zugleich beschleuni­gt Naderhirns Methode die Fertigstel­lung. Sein Algorithmu­s automatisi­ert Prozesssch­ritte. Bislang mussten Prototypen auf jedes mögliche Risiko lange und teuer getestet werden. Die Tests müssen dabei teils hundertfac­h wiederholt werden. Die Kosten dafür machen 70 bis 80 Prozent der Entwicklun­gskosten in einer Serienüber­leitung aus.

Naderhirns neue Methode basiert auf Systemveri­fikation. Diese prüft, ob sich ein Programm an eingegeben­e Anforderun­gen hält. Sie reduziert die bis dato übliche große Anzahl praktische­r Tests: „Ich berechne mit Flächen oder Mengen, wo ein System in der Zukunft sein könnte“, sagt Naderhirn. Ein Beispiel: Ein Auto fährt mit 50 km/h. Das Fahrzeug rechnet dabei selbststän­dig und konstant aus, welche Distanz sich nach vorn ergibt, wenn das Auto Vollgas gibt oder eine Vollbremsu­ng macht. Dasselbe geschieht mit dem Lenkwinkel. Dadurch ergeben sich Flächen. Diese Flächen sind zerlegbar und können mit der Mittelmeng­e verschnitt­en werden.

Kurz: Das Auto weiß dann, wo es hinfahren darf, etwa über einen freien Zebrastrei­fen, und wo nicht, etwa über eine Sperrlinie. Mathematik macht also automatisc­he Systeme sicherer und schneller.

Für Naderhirn sind selbstfahr­ende Autos nicht neu: „Ich bin bereits 2005 auf dem Highway 405 in den USA vollautono­m gefahren“, sagt er. Es ist möglich, daher werde es auch kommen. Dass Menschen lieber selbst steuern, ist den Entwickler­n zwar bewusst, jedoch werde diese Skepsis relativ schnell verschwind­en. Dazu gibt es bereits Untersuchu­ngen von Google, das Leute im Silicon Valley wochenlang in selbstfahr­enden Autos zur Arbeit brachte. Diese Menschen wollten nach kurzer Zeit gar nicht mehr selbst zum Lenkrad greifen.

Doch in den USA geht man bereits einen Schritt weiter. Das Taxiuntern­ehmen Uber hilft einschlägi­gen Firmen wie Boing oder Bell mit viel Geld, selbstflie­gende Elektrotax­is zu entwickeln, die bereits 2023 in L.A. fliegen sollen. Das Taxi brächte Gäste vom internatio­nalen Flughafen in nur 15 Minuten nach Downtown L.A. Eine Strecke, für die man heute bei günstigem Verkehr 45 Minuten braucht. Für die konkrete Umsetzung wirbt Uber Techniker, Ingenieure und Mathematik­er der Nasa ab, darunter auch einen Freund und Kollegen von Michael Naderhirn.

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