Fünf heikle Tage für die Wirtschaft
Konjunktur. Wachstum oder Krise? Heute beginnt eine der wichtigsten Wochen des Jahres für die Weltwirtschaft. Trump trifft Kim, die USA beenden die Geldflut, und beim Fußball wird der Ölpreis gemacht.
Der globale Aufschwung steht an der Kippe. Weltbank und OECD prognostizieren ein mögliches Ende der wirtschaftlichen Erholung – und ob sie recht haben, könnte sich schon diese Woche entscheiden. Selten drängten sich in fünf Tagen so viele politische und geldpolitische Entscheidungen, die allesamt das Zeug dazu haben, die künftige Richtung der Weltwirtschaft zu entscheiden. „Die Presse“hat sich die dichten Termine der heuer für die Konjunktur wohl wichtigsten Woche genauer angesehen.
G7-Nachwehen
Der heutige Montag steht an den Finanzmärkten ganz im Zeichen des Versagens der westlichen Industrienationen beim G7-Gipfel in Kanada. Erstmals haben Investoren die Gelegenheit, an den Börsen zu demonstrieren, was sie von Donald Trumps Last-minute-Eklat halten. Der US-Präsident torpedierte die Veranstaltung nachträglich, als er Samstagnacht seine Unterschrift unter der gemeinsamen Erklärung via Twitter wieder zurückzog (siehe Seite 4). Trump drohte Kanada, Japan und den Europäern zudem offen mit Handelskrieg und unterminierte so das letzte Vertrauen in das Bündnis der westlichen Industriestaaten. Werden professionelle Anleger nun reagieren und ihr Geld umschichten? Beim Gegengipfel des Ostens rund um China, Russland und Indien herrschte immerhin auffallende Harmonie.
Kim und Brexit
Am nächsten Tag wird wieder Donald Trump die Schlagzeilen bestimmen, wenn es tatsächlich zum historischen Treffen mit Nordkoreas Führer, Kim Jong-un, kommt. Im Vorfeld stellte er bereits ein mögliches offizielles Ende des Korea-Kriegs in Aussicht. Eine ernsthafte Entspannung – und die Aussicht auf ein Ende der Isolation Nordkoreas – könnte auch große wirtschaftliche Impulse in der Region geben.
In Großbritannien muss Premierministerin Theresa May im Parlament um Unterstützung für ihr Brexit-Gesetz werben. Die Zustimmung ist keineswegs garantiert. Für die Konjunktur wird entscheiden, zu welchen Bedingungen die Briten die EU verlassen wollen und wie sehr es London anstrebt, im gemeinsamen Binnenmarkt zu bleiben.
Fed und Italien
Am Mittwoch übernimmt die Geldpolitik das Ruder. Dass die US-Notenbank Fed die Zinsen zum zweiten Mal im heurigen Jahr anheben wird, steht außer Streit. Fraglich ist, ob die Währungshüter auch eine vierte Zinsanhebung 2018 in Aussicht stellen – und sich damit rascher vom billigen Geld verabschieden, als erwartet. Geht es Investoren zu schnell, ist ein Crash nicht ausgeschlossen.
Das schuldengeplagte Italien versucht am Mittwoch, Staatsanleihen zu verkaufen. Dabei wird sich zeigen, wie stabil Anleger die Volkswirtschaft unter ihrer neuen populistischen Regierung einschätzen. Es ist auch ein weiterer Lackmustest für die Eurozone.
EZB, Fußball & Öl
Bevor am Donnerstag die Fußball-WM in Russland beginnt, fällt in Deutschland die Entscheidung, wie viel Unterstützung Europas Wirtschaft noch von ihrer Notenbank EZB erwarten darf. EZB-Präsident Mario Draghi könnte schon ankündigen, wann die EZB aus ihren umstrittenen Anleihekäufen aussteigt und damit auch in Europa die Zinswende langsam einläutet.
Wirtschaftlich brisant ist auch das WMEröffnungsspiel Russland gegen Saudiarabien. Das Match der beiden Ölmächte gibt den Regierungschefs die Gelegenheit, sich wenige Tage vor dem Opec-Treffen in Wien noch einmal informell abzustimmen. Eine Entscheidung steht an: Hält die Opec + den Ölpreis weiter oben, oder dreht das Kartell den Ölhahn auf und verschafft der globalen Wirtschaft einen kleinen Schub?
China vs. USA
Am Freitag ist Trump wieder am Zug. Die USA müssen die finale Liste aller chinesischen Produkte vorlegen, die sie mit Strafzöllen belegen wollen. Zuletzt hat Chinas Telekomausrüster ZTE eine Milliardenstrafe an die USA bezahlt, um wieder Geschäfte in den Staaten machen zu dürfen. Das war Pekings Mindestforderung, um nicht selbst den Handelskrieg loszutreten und den globalen Aufschwung zu ersticken. Die Liste der sanktionierten Waren aus China wird die Spannungen zwischen den beiden Ländern wieder verstärken.