Auch Private wollen Ethik
Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit in der Finanzindustrie ist auch für die EU von Relevanz. Institutionelle spielen die größte Rolle, Private ziehen nach.
Vor zehn Jahren was es noch ein Schlagwort, bei dem viele bloß die Augen rollten. Nachhaltige Geldanlage war fast so etwas wie eine Orchideendisziplin. Auch heute reißt das Thema vielleicht noch nicht jeden Kleinanleger vom Hocker, in der EU-Kommission hat es aber bereits Gehör gefunden.
Um das Erreichen des Pariser Klimaabkommens sicherzustellen, sieht die Kommission nämlich auch die Finanzindustrie in der Pflicht. Anfang März hat die Behörde deshalb einen entsprechenden Aktionsplan veröffentlicht. Dieser zielt auf einen zeitnahen Gesetzesvorschlag ab, bei dem institutionelle Anleger und Vermögensverwalter ausdrücklich dazu angehalten werden, Nachhaltigkeitsaspekte in den Entscheidungsprozess für Investitionen einzubeziehen. Zudem soll Anlegern transparenter dargestellt werden, „wie diese Nachhaltigkeitsfaktoren bei Investitionsentscheidungen berücksichtigt werden“.
Österreich braucht sich in Sachen Ethikinvestment schon heute nicht zu verstecken. Viele Gesellschaften wurden hierzulande von sich aus tätig, andere sind auf den nachhaltigen Trend später aufgesprungen – und treiben das Thema dennoch ernsthaft voran.
Das Marktvolumen „verantwortlichen Investierens“kletterte im vergangenen Jahr von 34 auf 39,1 Mrd. Euro und macht 8,3 Prozent des Gesamtmarktes aus, wie der Marktbericht des Forums Nachhaltige Geldanlage (FNG) zeigt. Unter diesen Begriff fallen all jene Investitionen, bei denen nachhaltige Strategien quer über alle Assets angewandt werden. In der Regel, so schreibt das FNG, unterliegt dieser Ansatz allerdings weniger strengen Nachhaltigkeitsansätzen. Anders ist dies bei den sogenannten nachhaltigen Anlagen, wo es um konkrete Produkte geht, also etwa um Nachhaltigkeitsfonds. Sie machten im Vorjahr rund 15,2 Mrd. Euro aus.
Das Wachstum in dieser letzten Kategorie kann sich jedoch sehen lassen: Es belief sich gegenüber 2016 auf immerhin 16 Prozent und ist damit deutlich größer als bei herkömmlichen Fonds, wie es heißt. Doch haben sich die rasanten Zuwachsraten der Vergangenheit abgeflacht, im Schnitt lagen sie seit 2005 bei 23 Prozent.
Es sind vor allem institutionelle Investoren, und da in erster Linie die Vorsorgekassen, die sich in Österreich der ethischen Veranlagung verschrieben haben. Sie stellen mit 68 Prozent auch den größten Marktanteil. Doch warum?
Den Grundstein dafür legte die Einführung der Abfertigung neu (die seit 2003 gilt). Zu diesem Zeitpunkt saßen in den Aufsichtsräten der Vorsorgekassen Vertreter des Gewerkschaftsbundes. Diesen war es ein Anliegen, das Geld der Arbeitnehmer (das von den Arbeitgebern einbezahlt wird) nach ökologischen Grundsätzen zu veranlagen. „Für uns war das damals eine Riesenherausforderung“, sagt Andreas Csurda, Vorsitzender der Betrieblichen Vorsorgekassen. „Im Aktienbereich wusste man zwar, wie man mit dem Thema umgehen sollte, doch bei Staatsanleihen gab es dazu nichts.“Und so entwickelte jede Vorsorgekasse ihr eige- nes Konzept. Spätestens 2005 war dann klar, dass alle Vorsorgekassen auf den Zug des ethischen Investierens aufspringen würden: „Es hat eine gewisse Gruppendynamik gegeben“, sagt Csurda. „Wir sind ein Obligatorium, deshalb geht es vielfach nur um die Frage, mit welcher Vorsorgekasse man zusammenarbeitet.“Dieser FirstMover-Effekt ist den Vorsorgekassen bis heute erhalten geblieben.
Denn nach ihnen kommt im institutionellen Bereich lang nichts. Kirchliche Institutionen und Wohlfahrtsorganisationen liegen mit elf Prozent an zweiter Stelle, gefolgt von den Pensionskassen. Für die weitere Entwicklung der nachhaltigen Geldanlage wird die Nachfrage der Institutionellen als entscheidend genannt.
Privatanleger stellen hierzulande „nur“ein Viertel der nachhaltigen Anlagen oder rund 3,3 Mrd. Euro. Die Wachstumsraten sind mit 31 Prozent jährlich dafür höher als jene der professionellen Investoren. Im Vergleich zu Deutschland ist die Zahl der privaten Investoren beachtlich. Sie beträgt dort nur neun Prozent.