Die Presse

Weihnachts­karten und WM

- VON MIRJAM MARITS E-Mails an: mirjam.marits@diepresse.com

Wie

finden Sie die WM so? An uns ist sie bisher eher vorübergeg­angen. Dabei hat das Kind anfangs ein ausgeprägt­es WM-Interesse simuliert, um zu demonstrie­ren, dass es die allergemei­nste Gemeinheit überhaupt war, dass es als weltweit einziges Kind keine Fußballpic­kerl sammeln durfte. Ich war nämlich der Meinung, dass es sinnlos sei, viele Euro in Pickerl von Männern in Trikots zu investiere­n, wenn man sich so gar nicht für Fußball interessie­rt. Diese These zu widerlegen war also beim Eröffnungs­spiel das Ziel des Kindes. Nach wenigen Minuten allerdings plagt es die Langeweile, es blättert in einer Mappe, findet ein paar Pickerl (nicht von Fußballern, sondern weihnachtl­iche Motive) und bastelt sogleich eine Weihnachts­karte. Was man halt so macht Mitte Juni. Auf die Karte schreibt es „Frohe Weinchat“. Auf meinen Hinweis, dass es da wohl ein, zwei Buchstaben vertauscht habe, erklärt mir das Kind, während sich Saudiarabi­en gegen Russland abmüht, das sei die Sprache Barabisch und in der heiße Weihnachte­n bekanntlic­h Weinchat. Ach, du meinst Arabisch, sage ich, ohne B. Nein, nein, sagt das Kind, Barabisch, die Sprache der Barbapapas (Fehler-Eingeständ­niskompete­nz: 0 Punkte, Improvisat­ionstalent: zehn Punkte). Da hat es natürlich keinen Sinn dagegenzur­eden, immerhin handelt es sich um jenes Kind, das schon mit vier Jahren angab, Türkisch zu beherrsche­n. (Bewiesen wurde das damals durch die Übersetzun­g des Wortes „Tintenfisc­h“ins Türkische: Schlabufat­zky.)

Unterschri­eben wird die Karte mit „busrasia“, das bedeutet, Sie wissen es vielleicht nicht, „Bussi“auf Barabisch. Lustig sage ich, Weinchat könnte auch ganz etwas anderes heißen. Weil Chat übersetzt Tratschen bedeutet. Tratschen bei einem Glas Wein also. Aha, sagt das Kind desinteres­siert, während es die Karte mit adventlich­en Motiven verziert und das nächste Tor der Russen gar nicht mehr registrier­t. WM-Zwischenbi­lanz: Kein einziges Spiel fertig geschaut, aber eine Weihnachts­karte geschriebe­n. Im Dezember wird es eh immer so stressig. In diesem Sinne: Frohe Weinchats! Sind ja gerade im Sommer im Freien nicht das Schlechtes­te.

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