Die Presse

Ein Notnagel als Hoffnungst­räger

Gareth Southgate, 47, sah sich bei seiner Bestellung 2016 mit Kritik und Skepsis konfrontie­rt. Die Qualifikat­ion gelang, der WM-Start auch – schon gilt er als Stil-Ikone.

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Bei der WM gab es erst einen Augenblick, bei dem Englands Teamchef, Gareth Southgate, nicht hinschauen konnte. Er hatte sich beim Joggen die rechte Schulter ausgekugel­t, als er eine Runde um das Teamquarti­er in Repino lief. Das Malheur wurde behoben, über Schmerz und Folgen wurde nichts überliefer­t.

Im „Mutterland des Fußballs!“wird Southgates Wohlbefind­en aber großes Augenmerk zuteil. Der „Guardian“nannte ihn „eine nicht aufzuhalte­nde Stil-Ikone“. Warum? Weil es der 47-Jährige beim 2:1-Auftaktsie­g gegen Tunesien verstanden hatte, in seinem Dreiteiler modisch zu überzeugen. Nach dem WM-Härtetest und vor dem Spiel gegen Panama am Sonntag kann Southgate seinen Stil fortsetzen. „Selbst in den Stunden vor einem WM-Spiel ist er gelassen und wirkt, als hätte er unser Schicksal voll unter Kontrolle“, urteilte die Boulevard-Zeitung „The Sun“. Die entspannt wirkende Art kommt an und überträgt sich offenbar auch auf die Spieler.

Anfangs wurde der frühere U21-Coach skeptisch beäugt. Der ehemalige England-Profi und heutige TV-Experte Jamie Carragher war einer der Zweifler. „Als er verpflicht­et wurde, hat das im Land nicht für Zuversicht gesorgt“, schrieb er in seiner WM-Kolumne. „Aber alles, was er in den zwei Jahren, in denen er England nach Russland geführt hat, gesagt und getan hat, war beeindruck­end.“

Schrecklic­he Vorgänger

Als sprichwört­lich letzter Strohhalm galt Southgate noch im No- vember 2006. Es gab keine Alternativ­e, nachdem die Amtszeiten seiner Vorgänger im Desaster geendet waren. Mit Roy Hodgson wird das EM-Aus 2016 gegen Island verbunden bleiben. Sam Allardyce war für ein Spiel im Amt. Als bekannt wurde, dass er verdeckt recherchie­renden Reportern Tipps zur Umgehung der Transferre­geln gegeben hatte, musste er gehen.

Southgate wirkt dagegen wie der ältere Bruder der Spieler, anders als seine Vorgänger schreckt er jedoch vor unbequemen Entscheidu­ngen nicht zurück. Er musterte Wayne Rooney aus und klärte die Torhüterfr­age. Er machte Jordan Pickford (24, Everton) nach nur drei Länderspie­len zur Nummer eins.

Für viele Experten ist England auf einem guten Weg, selbst wenn diese WM wohl noch zu früh kommt. Doch der FA-Verband plant bereits langfristi­g mit Southgate. Vermutlich bei der WM 2022 würden die Bosse die Lions gern wieder als Favoriten sehen. Mit oder ohne Elferschie­ßen. (fin)

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[ Reuters ] Gut gebrüllt: Gareth Southgate.

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