Es kann der beste Mieter nicht in Frieden leben, wenn . . .
. . . es die Hausverwaltung nicht will: Bei der Einführung einer neuen Messmethode für Heizkosten kommt es zu Fehlern. Und niemand übernimmt die Verantwortung.
Kennen Sie das Gefühl, zwischen die Räder zu kommen, obwohl Sie nicht einen Schritt auf sie zugemacht haben? Wenn ja, hier ist ein Beispiel, in dem Sie sich vielleicht wiedererkennen. Ein kleiner Trost: Sie sind in bester Gesellschaft, denn das geschilderte Ärgernis betrifft zahlreiche Bewohner von Mietwohnungen. Hier eine Chronologie: In einem sehr schönen Altbau aus der Jahrhundertwende, einem, in dem Carl Auer von Welsbach seine Erfindung, den Glühstrumpf für Gaslampen, produziert und vertrieben hat – in diesem Haus also wurde, wie in so vielen in Wien, das Dachgeschoß ausgebaut.
2013 wird der Ausbau abgeschlossen und drei zusätzliche Wohnungen fertiggestellt. Die Versorgung der neuen Einheiten mit Warmwasser führt zur ganzjährigen Beheizung des Gebäudes mit Fernwärme. Die Folge: ein krasser Anstieg der Kosten für alle Mieter, obwohl ihre Einheiten an keine Warmwasserversorgung angeschlossen sind. Mitte 2013 werden alte Mietverträge, die bis dahin die Heizkosten eingeschlossen und auch ausgewiesen haben, einseitig von der Hausverwaltung geändert. Die Abrechnung wird ohne Einverständnis der Mieter auf „Verbrauch“umgestellt und an eine Firma ausgegliedert.
Wenige Monate später schreibt diese Firma eine Nachzahlung von mehreren tausend Euro und eine Verdoppelung der monatlichen Heizkosten vor. Die Mieter wenden sich an die Schlichtungsstelle. Diese stellt fest: Die Tauglichkeit des Gebäudes ist derzeit nicht nachgewiesen, weil Adaptierungsarbeiten nicht vollständig durchgeführt wurden. Dennoch wird zur Überraschung der Mieter der Einspruch abgewiesen.
Im Klartext bedeutete das: Die Hausverwaltung hatte die Umstellung im Zuge des Dachausbaus durchgeführt, ohne die Tauglichkeit des Hauses für ein neues System zu überprüfen. Eine technische Bewertung, ob die neue Messmethode überhaupt anzuwenden ist, unterblieb.
Das wurde von der Hausverwaltung und der betreffenden Abrechnungsfirma auch nie bestritten. Die Gebäudeverwaltung rechtfertigte sich auch mehrmals mit dem Argument, die technische Firma hätte das Objekt überprüfen müssen. Die Firma hingegen führte ins Treffen, sie habe ja von der Verwaltung dazu nie einen Auftrag bekommen. In der Zwischenzeit stellt sich heraus, dass einige Messgeräte fehlerhaft sein mussten. Sie ergeben Werte jenseits jeder Realität. Änderungen werden notwendig.
Hausverwaltung und Firma schieben sich weiter gegenseitig die Verantwortung zu. Die Sache wird gerichtsanhängig. Spätestens jetzt drehen sich die Räder, unter die die Mieter kommen, immer schneller. In bester Orwell’scher Manier wird eine Maßnahme, die für viele Mieter zu einer erstaunlichen Verteuerung des Wohnens geführt hat, mit einer Reduktion der Energiekosten begründet. Dabei wird auch eine entsprechende EU-Richtlinie zur Energieeffizienz ins Treffen geführt. Das Resultat für die Mieter ist das Gegenteil. Der Verbrauch wird durch den neuen Abrechnungsmodus unnötig erhöht. Statt Energieeffizienz Energieverschwendung.
Und die Moral von der Geschicht’? Wenn es Hausverwaltung oder Hauseigentümer gefällt, führen sie ein Heizsystem ein, ohne zu wissen, ob das Gebäude dafür überhaupt geeignet ist. Wenn es beiden gefällt, sprechen sie von Verringerung der Kosten, während Erhöhung gemeint ist. Wenn es beiden gefällt, hat der Letztverbraucher vulgo Mieter keine Möglichkeit, sich gegen diese Vorgangsweise zu wehren.
Jene des besagten Hauses jedoch sollten nicht verzagen, schließlich verkündet die Hausbesitzerin werbewirksam überall: „Ihre Sorgen möchten WIR haben!“Bitte, gern! Wir treten sie ab.
Bereits vor Jahren wurde die Heizkostenexplosion durch eine neue Messmethode medial thematisiert. Ohne Wirkung. Wiener Mieter müssen sich unter Rädern besonders wohl oder hilflos fühlen. Oder lammfromm sein!